Kreuzgefährliche Sprengstoffsubstanzen in der Einraum-Wohnung

15. September 2016

Man sollte nicht alles tun, was einem mit dem Internet möglich erscheint. Diese Lehre muss ein 34 Jahre alter Mann aus Woldegk (Kreis Mecklenburgische Seenplatte) jetzt ziehen. Der gelernte Landmaschinenmechaniker hatte Anfang 2016 für großes Aufsehen gesorgt und soll nun für ein Jahr und zehn Monate in Haft. „Das ist zur Verteidigung der Rechtsordnung nötig“, erklärte der Richter am Amtsgericht in Neubrandenburg. Eine Bewährungsstrafe sei nicht mehr möglich.

In der Einraum-Wohnung des Mannes im dritten Stock eines Plattenbaus fanden Ermittler durch Zufall 160 bis 200 Kilogramm chemischer Stoffe, deren Mischung zum Teil kreuzgefährliche Sprengstoffsubstanzen ergab. Die „Rezepte“ hatte sich der bastelfreudige Mann im Internet heruntergeladen. Er räumte aber ein, über die Jahre ein bisschen die Übersicht verloren zu haben.

gerichtnbg„Dass der Mann bei der Herstellung nicht in die Luft geflogen ist, ist ein Wunder“, sagte Sprengstoffexperte Thomas Kilias von der Polizei, der als Zeuge am Amtsgericht Neubrandenburg aussagte. In einer Flasche mit Küstennebel-Etikett war zum Beispiel sehr empfindliches Nitroglycerin im Kühlschrank. Für ihn war es zu erwarten, dass so etwas auch mal an der Seenplatte auftritt. Bundesweit gebe es vereinzelt bisher Fälle, dass Menschen glaubten, sie könnten wegen der einfachen Handhabung mit dem Internet auch selbst Sprengstoff herstellen.

Der 34-Jährige hatte vor Gericht erklärt, sich die frei zugänglichen Stoffe aus Neugier und Experimentierfreude besorgt zu haben. Bei seinen Experimenten – mehr als 50 Mal ließ er auf Wiesen und im Wald Sprengstoff hochgehen –- hatte er sich einmal selbst am Arm verbrannt.

Er machte aber im Februar nochmal weiter. Dabei unterließ er aber, eine Substanz beim Mischen umzurühren. So kam es zu einer heftigen  Reaktion, Qualm stieg vom Balkon auf. Eine Nachbarin rief die Feuerwehr und ein Großaufgebot aus Gefahrgutzug, Munitionsbergern und Polizisten machten dem Treiben ein Ende. Bewohner mussten dafür stundenlang das Haus verlassen.

Er wolle das Ganze jetzt endgültig beenden, erklärte der reuige Mann vor Gericht und entschuldigte sich bei allen Nachbarn und Bekannten. Wegen der Sache habe er seine Wohnung und seine Arbeit verloren. Mit Verteidiger Jörg Fenger hoffte der 34-Jährige auf eine Bewährungsstrafe, damit er eine neue Arbeit antreten könne. Daraus wurde erstmal nichts. Aber man wolle Berufung einlegen, erklärte der Anwalt.

Selbst die Staatsanwaltschaft hatte auf zwei Jahre Haft plädiert, die zur Bewährung auf drei Jahre ausgesetzt werden sollte.
Das strebt die Verteidigung mit der Berufung auch an.


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