
Er tötete seine Frau mit 20 Messerstichen, lebte ein paar Tage neben der Getöteten im gemeinsamen Haus in einer beschaulichen Eigenheimsiedlung in Waren, fuhr sogar noch an die Ostsee und dann etwa eine Woche nach der Tat zur Polizei. Ein schreckliches Verbrechen, das im Frühjahr in Waren für großes Entsetzen gesorgt hat: Gestern ist der inzwischen 75 Jahre Mann wegen „Totschlags im minderschweren Fall“ vom Landgericht Neubrandenburg verurteilt worden – zu 5 Jahren und 6 Monaten Haft. Ein Urteil, das für die Angehörigen der 63 Jahre alten Warenerin kaum zu ertragen ist. Sie haben ihre Mutter, ihre Tochter und ihre Schwester verloren und nahmen das Urteil gestern fassungslos entgegen, wie ihre Anwältin Katja Schade im Gespräch mit „Wir sind Müritzer“ erklärte.
Passiert ist das Ganze am Abend des 25. April. Zwischen dem 75-Jährigen und seiner 63 Jahre alten Frau soll es – wie in der Vergangenheit häufig – zu einem verbalen Streit gekommen sein. Kennengelernt haben sie sich im März 2002, geheiratet im September 2006. Für Beide war es die zweite Ehe. Anfangs führten sie nach Aussage von Richter Norman Golinski eine harmonische Beziehung, doch später kriselte es immer wieder, wohl auch, weil die Frau sehr aktiv war, er dagegen eher träge. Im vergangenen Jahr soll er nach Streits bereits zweimal ausgezogen, aber wieder zurückgekehrt sein.
An jenem Abend soll die Ehefrau dem 75-Jährigen im Streit wieder vorgeworfen haben, dass er zu wenig am und im Haus mache und auch sonst nur auf der Couch herum sitze. Dann, so die Aussage des jetzt Verurteilten, sagte sie, dass sie ihn nie geliebt, sondern nur wegen seines Geldes geheiratet habe und er endgültig gehen soll. Dabei soll sie ein Messer in der Hand halten haben. Dieses Messer, so heißt es in der Urteilsbegründung, nahm er ihr ab und stach schließlich 20mal auf die Frau ein. Sie verblutet. Doch statt Rettungsdienst und Polizei zu rufen, säuberte er den Tatort, trug die Frau in die Dusche und lebte einige Tage neben ihr im Haus.
Angehörigen, die nach der 63-Jährigen fragten, präsentierte er plausible Ausreden. Mal erzählte er, dass ihr Handy defekt sei, mal, dass sie mit einem Hexenschuss im Bett liege und ein anderes Mal, dass sie zu Freunden auf die Insel Rügen gefahren seien. Schließlich fuhr er in ein Hotel in Trassenheide. Dort hatten sie den letzten Urlaub verbracht. Mit dabei das Tatmesser. Er wollte sich, wie er in nicht öffentlicher Verhandlung berichtete, selbst das Leben nehmen, was er aber nicht gekonnt habe. Der 75-Jährige fuhr am 4. Mai zur Warener Polizei und berichtete, dass er seine Frau getötet habe. 20mal stach er mit einem Küchenmesser mit 20 Zentimetern Klingenlänge auf Kopf-, Brust- und Rumpfbereich ein, mindestens zwei der Stiche waren tödlich. Seitdem sitzt der Mann in Untersuchungshaft, der Haftbefehl wurde aufrecht erhalten.
Doch trotz dieser Brutalität entschied das Gericht auf eine Tat im Affekt, einen Totschlag im minderschweren Fall. Laut Gutachter soll die Steuerungsfähigkeit des einstigen Landkreis-Mitarbeiters zur Tatzeit erheblich vermindert gewesen sein. Die Aussage der Getöteten, dass sie ihn nie geliebt habe, sei eine Provokation gewesen, die zu diesem Affekt geführt habe.
Während des Prozesses, der hinter verschlossenen Türen lief, haben Angehörige, Freunde und Bekannte dagegen von einer liebevollen Beziehung gesprochen. Die Frau kümmerte sich unter anderem monatelang sehr aufopferungsvoll, als ihr Mann während eines Urlaubs schwer verletzt wurde, hielt Haus und Garten ordentlich, war selbst nicht ganz gesund, aber sehr lebensfroh und unternehmungslustig. Das Haus kaufte sie, er steuerte aber auch Geld bei.
Die Warener Anwältin Katja Schade hat die beiden Söhne der Getöteten, ihre Mutter und ihren Bruder in der Nebenklage vertreten. Für sie und die Angehörigen ist und bleibt die Tat ein Femizid. Das Urteil sei für die Angehörigen ein Schlag ins Gesicht. „Meine Mandanten sind geschockt, entsetzt und unwahrscheinlich traurig. Auch, weil ihrer Mutter, Schwester und Tochter durch dieses Urteil keine Gerechtigkeit widerfährt. Der Angeklagte hat kein Wort des Bedauerns geäußert, keine Entschuldigung, nichts. Seine grausame Tat wird mit Affekt und Provokation gerechtfertigt, während des Prozesses hatte man den Eindruck, als wenn die Schuld dafür fast ausschließlich bei der Getöteten gesucht wird. Das ist für die Angehörigen nur schwer zu ertragen“, so Katja Schade.
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten gefordert, die Nebenklage 10 Jahre, das Gericht blieb mit 5 Jahren und 6 Monaten also unter den Forderungen.
Die Nebenkläger können gegen dieses Urteil keine Rechtsmittel einlegen, ob die Staatsanwaltschaft in Revision geht, ist noch unklar. Der Angeklagte nahm das Urteil ohne erkennbare Regung entgegen.











Dieses Urteil widert mich an. Eine solche Justiz ist verachtenswert. Da kann praktisch jeder hergehen, eine Frau mit richtiger Begründung umbringen, und hinterher gibt’s eine Streichelstrafe plus vorzeitige Haftentlassung. Eine Verhöhnung des Opfers, der Angehörigen und der Bevölkerung. Ein Menschenleben ist mehr wert.
Für mich ist es wie die Zerfallserscheinung eines verlotternden Staates.
Wenn er sich während seiner Haftzeit gut führt kann er nach 3/4 seiner Haftzeit entlassen werden (nach 4 Jahren). Bei 20 Messerstichen von einer Affekthandlung zu sprechen übersteigert
mein Vorstellungsvermögen. Ein Menschenleben scheint bei diesen Richtern nicht viel Wert zu sein.