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Fast fünf Jahre Haft für Selbstjustiz in Lärz – Urteil aber noch nicht rechtskräftig

Im Prozess um einen brutalen Fall von Selbstjustiz  in Lärz (WsM berichtete) sind die Urteile gefallen. Das Landgericht Neubrandenburg hat mit Hilfe der 27-jährigen Angeklagten herausgearbeitet, dass die junge Frau zweifelsfrei die Hauptschuld trägt. Sie hatte ein Geständnis abgelegt und bekam vier Jahre und neun Monate Haft, ihre beiden schweigsamen Bekannten jeweils acht Monate Freiheitsstrafe. Deren Strafen wurden aber, weil sie wohl kaum selbst schlugen, zur Bewährung ausgesetzt. Bewährungszeit zwei Jahre. Alle Drei sollen dem Opfer insgesamt 6500 Euro Schmerzensgeld zahlen, davon 5500 Euro allein die junge Frau.

Die junge Frau, zweifache Mutter und gerade von Mirow in den Plattenbau nach Lärz gezogen,  habe sich damals von einer Nachbarin erzählen lassen, dass gegen den 39-jährigen Mann aus ihrer Nachbarwohnung schon einmal wegen Verdachts des Kindesmissbrauchs ermittelt worden war – aber ohne greifbares Ergebnis. Dann habe der fünfjährige Sohn der heute 27-jährigen Mutter am 28. Februar 2021 wohl erzählt, dass ihn der Nachbar nackt fotografiert und ihn an seinem Geschlechtsteil berührt haben soll, wie die Richterin resümierte. Das soll unter anderem im Nachgang einer Grillparty der Fall gewesen sein, die Erwachsenen hatten gut Alkohol getrunken. Danach brannten bei der jungen Frau, die selbst in ihrer Jugendzeit in Heimen aufwuchs, wohl – umgangssprachlich – die Sicherungen durch.

Statt den Nachbarn nur zur Rede  zu stellen, Beweise wie Fotos zu sichern und den Fall den Ordnungshütern zu übergeben – plante die rabiate Brünette die Vergeltung samt Aussetzung. Sie schlug den Nachbarn in dessen Wohnung mit dessen Krücke derart, dass dieser fast am gesamten Oberkörper erschreckend auffällige Blutergüsse hatte und auch ein Armknochen brach. Als sich der Geschädigte aus Angst beschmutzte, wurde er mit Sachen in die Wanne gesetzt, wo er geduscht und weiter geschlagen wurde. Mit einem Küchenmesser schnitt sie ihm die Haare ab und verletzte ihn dabei.

„Alles konnten wir aber bis heute nicht aufklären“, kritisierte die Richterin das Schweigen der Mittäter und von Zeugen. So sei die Kammer überzeugt, dass es noch mehr Mitwisser und Mittäter gegeben habe.

Danach soll die Truppe den Mann bei kalten Temperaturen  zu den sogenannten Weißen Häusern verschleppt und in die Bunker gezwungen haben. Von dort hatte man ihn wieder abholen wollen. Doch das erübrigte sich, denn  der Schwerverletzte konnte sich am Morgen danach selbst befreien und lief ins etwa sechs Kilometer entfernte Schillersdorf, wo Anwohner ihren Augen nicht trauten, als sie ihn sahen. Sie holten Hilfe, der Mann überlebte mit schweren Verletzungen.

Im Prozess wurde außerdem berücksichtigt, dass in den Wohnungen der 27-Jährigen und ihres Ex-Mannes große Mengen Amphetamine gefunden wurden. Der Ex-Mann aus Mirow erhielt wegen einer großen Zahl an Vorstrafen ebenfalls eine Bewährungsstrafe. Die Frau soll zudem sogar mit Drogen gehandelt habe, was man ihr aber nicht genau nachweisen konnte. Da sie aber Komplizen nannte, gab es weitere Ermittlungen und Durchsuchungen unter anderem in Röbel.

Letztlich bleibt allen Beteiligten nun noch eine Woche, um darüber zu entscheiden, ob Rechtsmittel eingelegt wird. Bei den jungen Männern – dem 23-jährigen aktuellen Freund der Frau, der seine Augen auch im Prozess nicht von ihr lassen konnte – und seinem 24-jährigen Kumpel ist es vorstellbar, dass kein Rechtsmittel eingelegt wird.

Wie die 27-Jährige, die doch etwas geschockt wirkte, und ihr Anwalt verfahren, ist offen. Beide hatten auf ein milderes Urteil gehofft. Doch gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Aussetzung fordern ihren Preis. Erstaunlicherweise konnte sie dann am Dienstag nach fast einem Jahr Untersuchungshaft den Saal im Gericht aber ohne Handschellen verlassen. Der Haftbefehl wurde vorerst aufgehoben.

Sie soll sich ihren zwei kleinen Kindern widmen können und danach ihre Haftstrafe antreten. Das Gericht erkannte an, dass die Monate hinter Gittern die Frau sehr beeindruckt hätten. Bei Antritt der restlichen Haft will sie im Gefängnis erstmals auch einen Beruf lernen, hat sie versprochen.

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