Minister Backhaus: Wir können auf „Problemwölfe“ zugreifen
„Wir haben Möglichkeiten auf „Problemwölfe“ zuzugreifen und wir werden dies auch tun, sofern Gefahr für Leib und Leben besteht oder unsere Nutztierbestände trotz vorhandenem Grundschutz und der Umsetzung zumutbarer Alternativen, wie insbesondere Herdenschutzmaßnahmen, nachweislich durch einen Wolf gefährdet sind.“, so Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschafts- und Umweltminister Till Backhaus.
Gleichwohl wies er darauf hin, dass es wie im Fall des Problemwolfes „GW924m“ Konstellationen geben kann, die einen Abschuss erschweren. „Bei diesem Tier handelt es sich um einen durchziehenden Wolf, der innerhalb weniger Tage hundert Kilometer zurücklegen kann und bislang kein zweites Mal im Land angetroffen wurde. Das liegt in der Natur der Sache.“, so der Minister
Hinzu komme, dass das Tier über kein Wiedererkennungsmerkmal verfüge, das eine Individualisierung auf Distanz ermöglichen würde. Auch könne im Gebiet um Grambow (LK Nordwestmecklenburg), wo „GW924m“ im Zuge eines Rissvorfalls erstmals als Schadensverursacher nachgewiesen wurde, das Auftreten anderer Wölfe nicht ausgeschlossen werden.
Ähnliche Problemlagen seien aus anderen Bundesländern bekannt, sagte Backhaus. In Schleswig-Holstein wäre ein Abschuss von „GW924m“ insoweit zweifelsfrei möglich gewesen, weil sich im fraglichen Gebiet seinerzeit nur ein einziger Wolf, nämlich ohne Zweifel „GW924m“ aufhielt und eine Verwechslungsgefahr somit weitestgehend ausgeschlossen war.
„Im Fall Grambow war das nicht mehr so möglich gewesen, zumal wir kurz darauf Hinweise darauf hatten, dass auch ein Rissvorfall auf Usedom im Zusammenhang mit GW924m stehen könnte und damit ein Abschuss des durchziehenden Wolfes GW 924m bei Grambow nicht mehr möglich erschien. Das muss man ganz klar so feststellen, anstatt falsche Erwartungen zu wecke.“ sagte Backhaus.
Mit Blick auf den Rissvorfall, der sich Mitte November Usedom ereignete informierte er, dass die Erstprobe und eine Rückstellprobe leider keine für eine Individualisierung verwertbare DNA enthielten. Daher gebe es bisher keine eindeutigen Rückschlüsse zum Aufenthalt von GW924m auf Usedom. „Wir haben nun die Analyse aller Rückstellproben beauftragt, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen eine Individualisierung des Verursachers zu erhalten“, sagte er weiter.
Zahl der Rissvorfälle fast verdoppelt
In 2019 gab es zum jetzigen Zeitpunkt 42 Rissvorfälle, bei denen 151 Tiere getötet und 54 verletzt wurden. Zum Vergleich: 2018 waren im kompletten Jahr 23 Risse mit 120 getöteten und 42 verletzten Tiere. Von den aktuellen Rissvorfällen sind Backhaus zufolge alle Landkreise betroffen, zudem die Stadt Rostock. In 14 Fällen war kein Grundschutz gegeben, in 15 Fällen wurden Mängel am Grundschutz festgestellt. Daher appellierte der Minister nochmals an alle Tierhalter, ihre Tiere den Empfehlungen entsprechend zu schützen. „Sicherlich gibt es keinen 100%igen Schutz, aber man kann es den Wölfen schwer oder leichtmachen“, unterstrich er.
Die vom Land beglichene Schadenssumme beläuft sich seit 2007 auf etwa 96.000 Euro, für das Jahr 2019 auf etwa 10.000 Euro. Für Präventions- und Akzeptanzmaßnahmen wurden seit 2013 (Veröffentlichung der FöRi Wolf) etwa 576.000 Euro ausgereicht (2018: etwa 100.000 Euro, 2019: etwa 169.000 Euro).
Minister Backhaus betonte, dass der Wolf keine „blutrünstige Bestie“ sei, eine Bauernhofidylle wie im Bilderbuch aber ebenso wenig möglich sein. „Insofern bin ich froh, dass wir in diesem Jahr auf Bundes- und Landesebene wichtige Weichen gestellt haben, um die Konflikte zwischen Mensch und Tier weiter zu minimieren“, sagte er Zum einen arbeite der Bund aktuell an einer EU-rechtskonformen Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, wonach die zuständigen Behörden für Naturschutz und Landschaftspflege nicht erst bei existenzbedrohenden landwirtschaftlichen Schäden Ausnahmen vom Tötungsverbot zulassen können. Dies sei maßgeblich von MV vorangetrieben worden. „Unser Vorstoß ist insbesondere für den Erhalt der Weidetierhaltung von zentraler Bedeutung“, so Backhaus.
Die Förderrichtlinie Wolf Mecklenburg-Vorpommern sei ebenfalls novelliert worden und tritt ab morgen in Kraft, verkündete der Minister. Sie regelt die Förderung von Präventions- bzw. Schadensausgleichsmaßnahmen. Mit der neuen Förderrichtlinie können Fördermittel auch außerhalb der De-minimis-Regelungen ausgereicht werden. Auch wird die mögliche Förderhöhe von Präventionsmaßnahmen von bis zu 75% auf bis zu 100% erhöht. Die Förderung kann u. a. für Maßnahmen zum Schutz von Nutztieren erfolgen, die über einen Grundschutz hinausgehen, zum Beispiel Zaunerhöhungen und Herdenschutzhunde.