„Müritzer für Tiere“: Die traurig-schöne Geschichte der Katze Nell

20. September 2021

Wer Tieren in Not hilft, erlebt die ganze Palette der Gefühle – verzweifelt, traurig, hoffnungsvoll, glücklich. In einer der wenigen Pflegestellen der Initiative „Müritzer für Tiere“ in Jabel hat Doreen Lommatzsch das hautnah erlebt.
Sie hat es für „Wir sind Müritzer“ aufgeschrieben:
Ich war für einige Monate die Pflegemutti der Katze Nell. Als sie zu mir kam, fehlte ein Stück ihrer Pfote, wahrscheinlich durch eine Falle abgetrennt. Sie saß tagelang wie versteinert und in einer Art Angststarre in einer Ecke von ihrem Käfig. Sie hatte so viel Angst vor Menschen, dass sie zitterte sobald ich in ihr Zimmer kam, nicht einmal Blickkontakt konnte ich aufbauen. Nell muss Schlimmes erlebt haben.

Nach kurzer Zeit öffnete ich den Käfig, sie konnte sich nun frei in ihrem Zimmer bewegen.

Gefressen hat sie anfangs nicht. Nach einigen Tagen fraß sie dann endlich, allerdings nur nachts, wenn es ganz still war. Das ging trotz vieler Bemühungen, Liebe und Zeit noch ein paar Wochen so weiter. Ich verbrachte so viel Zeit ich aufbringen konnte bei Nell. Futter gab es nur noch in meinem Beisein. Ich war ganz still und beachtete sie nicht, sie begann endlich zu fressen – der erste Meilenstein. Tagsüber ließ ich Nells Tür auf, so konnte sie sich in Ruhe im Obergeschoss umschauen und unsere anderen Katzen kennenlernen.

Die Zeit verging. Dann irgendwann, als ich Nell füttern wollte, passierte es… Sie schlich um meine Beine, stupste mich mit ihrem Kopf an und schnurrte. Das war wunderbar.

Nell hatte ein wenig Vertrauen zurück gewonnen. Anfassen war noch ein großes Tabu, doch ich war sehr glücklich mit ihrer bisherigen Entwicklung.

Dann kam Die Nachricht…

… eine Familie aus Wittstock interessiert sich für Nell, will ihr ein Zuhause geben. Wir telefonierten und ich hatte von Anfang an ein sehr gutes Gefühl.

Sie machten sich vorab schon viele Gedanken in Vorbereitung auf ihr neues Familienmitglied. Würden sie Nell überhaupt gerecht werden? Passt die Wohnsituation und so weiter.

Alles von der Toilette, über Körbchen und Spielsachen wurde gekauft. Ich bekam regelmäßig Updates in Form von Fotos.

Wir telefonierten weiterhin. Diese lieben Leute blieben dabei, sie wollten Nell unbedingt haben. Sie wollten einer Katze mit Handicap, die so schlimme Erfahrungen machen musste, ein liebevolles zu Hause geben –  mit allem was dazu gehört. Sie störte es auch nicht, dass Nell ängstlich und keine Schmusekatze war.

Nell zieht nach Wittstock

Dann war es soweit, ich brachte sie in ihr neues Zuhause. Als wir ankamen, wurden wir sehr herzlich von den Eheleuten Meyer empfangen. Alles war für Nell so liebevoll vorbereitet. Sie war mehr als willkommen.

Wir öffneten die Box, Nell verkroch sich wie erwartet erst einmal hinters Bett.  Irgendwann musste ich wieder fahren –- wir weinten alle drei vor Glück.

In den nächsten Woche blieben wir in ständigem Kontakt. Anfangs schlich Nell nur nachts umher und erkundete ihre neue Umgebung. Fraß schlecht und versteckte sich. Sie musste ja erneut Vertrauen fassen. Doch ihr wurde alle Zeit der Welt gegeben, auf ihre Bedürfnisse wurde eingegangen und ihr genauso viel Liebe entgegen gebracht, die eine Katze mit ihrer Vergangenheit braucht.

Mittlerweile lässt sich Nell streicheln und ist immer in der Nähe ihrer Familie – Tag und Nacht.

Ich bin so dankbar und glücklich, dass Nell so ein wundervolles Zuhause bekommen hat. Bei Menschen, die wie ich, mit Katzen als Wegbegleiter, Seelenheiler und Familienmitglied leben.


7 Antworten zu “„Müritzer für Tiere“: Die traurig-schöne Geschichte der Katze Nell”

  1. Madlen Hass sagt:

    Ich ziehe den Hut vor solche liebevollen Menschen, habe selbst 3 süsse ?es ist immer sinnvoll schon im Kindesalter zulernen mit Tiere respektvoll umzugehen trotzdem gibt es böse Menschen…leider

  2. Angelika Rost sagt:

    Ich habe seit 6 Jahren ein mittlerweile 14-jähriges Tierheim-Kätzchen, fünf Vorbesitzer, weil sie dummerweise die Badewanne als bequemes Katzenklo betrachtet. Bei mir darf sie das. Ihre Scheu hat sie bis heute nicht abgelegt, ich beobachtete Anzeichen, dass sie schwer geschlagen wurde. Sie braucht immer noch ganz viel Geduld, erschrickt bei raschen Bewegungen, fühlt sich aber pudelwohl bei mir. Sie ist Freigänger, rettet sich aber immer zu mir, wenn einer am Garten vorbei geht. Es ist wunderbar, so einem Tier wieder Lebensmut zu schenken.

  3. Anja Bandemer sagt:

    Gänsehaut pur.❤️
    Ganz lieben Dank für Ihr Engagement.
    Auch wir kümmern uns um arme Seelchen in Not und erleben tagtäglich viele zu Herzen gehende Schicksale.
    Deswegen ist es um so schöner, dann von solch wundervollen Happy End’s zu hören.
    Und gerade so etwas motiviert einen dann auf’s Neue.
    Danke ?

  4. Marion Ernst sagt:

    Es ist schön, so etwas zu lesen und wunderbar für Katze Nell. Auch ich, bzw. wir betreuen einen Kater, der nun schon seit 2 Jahre ganz allein an einer Futterstelle lebt. Er ist, wenn man sein Vertrauen gewonnen hat, ein ganz verschmuster. Liebt den Kontakt mit den Menschen die er kennt. Auch wir suchen ein zu Hause für diesen hübschen kastrierten Kater. Der Winter steht vor der Tür und es wäre schön für ihn ein warmes zu Hause zu finden. Vielleicht gibt es auch für ihn ein Happyend .

  5. Ich habe 2 Katzen aus der Mülltonne. Es waren 4 aber 2 waren leider schon verstorben. Sie waren 3 Wochen alt. Obwohl 2 verstorben waren habe ich alle 4 mitgenommen und 2 beerdigt. 2 habe ich von Hand aufgezogen. Den Kater musste ich dann leider mit 14 Jahren gehen lassen über den Regenbogen. Er hatte leider Krebs. Die Katze ist inzwischen 19 Jahre alt. Habe dann einen Kater aus den Tierschutz. Als das Frauchen ins Krankenhaus kam und anschließend ins Altersheim, wollten die Kinder ihn einfach im Wald aussetzen. Da ich einen Schlüssel von der Wohnung hatte und gesehen habe die Wohnung wird immer leerer habe ich ihn einfach mit nach oben genommen. Jetzt habe ich noch 2 Katzen aus der Tötung, die keine Chance hatten auf Vermittlung.

  6. Nicole sagt:

    Das erfreut mein Herz ?

  7. Hauck Sabine sagt:

    Es ist so schön, daß es solche Menschen gibt! Was für ein Leid muß der Armen angetan worden sein. Furchtbar die Menschen!
    Ein großer Dank an alle die sich für die Tiere einsetzen.
    LG Sabine Hauck