Nun doch: Berufungskammer verurteilt Mutter von Leonie zu Bewährungsstrafe
Am Ende machte es sich Richter Jochen Unterlöhner nicht leicht: „Sie bleiben vorbestraft“, sagte er gestern im Landgericht Neubrandenburg zur Mutter der getöteten Leonie. Trotzdem schickte seine Berufungskammer die 27-jährige Frau nach eingehender Beratung der persönlichen Lebensumstände nicht hinter Gitter, sondern verurteilte sie auf Bewährung. Die Frau wurde Ende vergangenen Jahres zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen schuldig gesprochen. Gegen dieses Urteil hat sie wegen des Strafmaßes Berufung eingelegt (WsM berichtete). Mit Erfolg wie es aussieht, die Berufungskammer setzte die Freiheitsstrafe jetzt zur Bewährung aus.
Man könnte so verstehen, dass damit auch die Aussagebereitschaft der Frau gewürdigt werden soll. Ohne ihre Angaben hätte man den Stiefvater nicht zu „lebenslänglich“ verurteilen können, sagte der Richter, eventuell hätte man den brutalen Mann sogar freisprechen müssen. Denn dieser hatte seinerseits die Mutter belastet. Doch das „Manöver Treppensturz“ klappte ja nicht (WsM berichtete).
Das Berufungsgericht folgte dem Urteil der ersten Instanz fast ganz: Es verurteilte die Mutter erneut wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Es hob aber die Vollstreckung auf und ordnete zwei Jahre Bewährungszeit an. Dazu bekam die Frau einen Bewährungshelfer an die Seite und muss jeden Umzug schnell melden.
„Wir wollten die positive Entwicklung der Frau und ihres Kindes jetzt nicht stoppen“, sagte der Richter. Der Vierjährige, den die Frau gemeinsam mit dem Stiefvater Leonies hatte, habe sich gut entwickelt. Sollte die Frau nun ins Gefängnis müssen, hätte der Junge in eine Pflegefamilie gemusst. Außerdem sei die Frau zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen und habe in der Partnerschaft unter der Gewaltherrschaft ihres Partners gelitten.
Leonie war am 12. Januar 2019 tot in der Wohnung der fünfköpfigen Familie in Torgelow gefunden worden. Das Mädchen war so schwer misshandelt worden, dass es Stunden später an den Folgen starb. „Sie hätte aber überleben können,, wenn rechtzeitig Hilfe geholt worden wäre“, sagte eine Rechtsmedizinerin. Doch genau das hatte der Stiefvater fast einen halben Tag lang verhindert, sogar einen Anruf beim Notruf vorgetäuscht. Das alles konnte aufgeklärt werden, weil die Mutter nicht vor Gericht geschwiegen habe, was sie auch hätte tun können.
Die 27-Jährige war im Dezember 2021 vom Amtsgericht Neubrandenburg zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt worden, Dagegen hatte ihre Anwältin Berufung eingelegt. Diese Berufung war dann aber nur auf das Strafmaß begrenzt worden. Somit dauerte die Berufungsverhandlung auch nicht lange.
Das neue Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, aber niemand rechnet damit, dass Staatsanwaltschaft oder Verteidigung Rechtsmittel einlegen. Nur der aus Wolgast stammende Vater von Leonie und ihres nun sechsjährigen Bruders, der bei ihm lebt, und der der Nebenkläger war, war nicht zufrieden. Er hat aber keine Möglichkeit für ein Rechtsmittel. Damit schein das Justiz-Kapitel im Fall Leonie beendet, die Familie dürfte ein Leben lang darunter leiden.
UNFASSBAR!!
Eine Mutter, die tatenlos zuschaut, wie ihr eigen Fleisch und Blut misshandelt wird, kommt ungeschoren davon??? Was sind den 2 Jahre auf Bewährung, nichts. Da werden andersdenkende Menschen derzeit weggesperrt und denunziert und diese Person läuft frei herum? Armes Deutschland!
Was soll man dazu sagen…..ich hoffe, dass es für den Jungen wirklich die beste Entscheidung ist, dass er bei seiner „Mutter“ aufwachsen kann…
„Außerdem sei die Frau zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen“ …also bei Diebstahl z. Bsp. lass ich mir diese Begründung ja gefallen bzw kann sie akzeptieren. In diesem Fall absolut gaaaar nicht!
Und so hervorzuheben, dass sie großzügiger Weise ausgesagt hat, geht auch gar nicht. Es war das Mindeste und ihre absolute Pflicht, wenigstens das für ihre Tochter noch tun…
„Da werden andersdenkende Menschen derzeit weggesperrt und denunziert und diese Person läuft frei herum?“
Natürlich kann man die Verharmlosung des Nationalsozialismus mit seinen Gräueltaten als „anders denken“ bezeichnen, man kann aber auch einfach Geschichtsnachhilfe nehmen.
Was das Denunziantentum betrifft kann man sicher immer mit dem Finger andere zeigen.
Ein Beispiel?
Vor drei Tagen hat sich eine Dame auf Twitter darüber beschwert, dass ihre Bekannte, aufgrund eines nicht vorhandenen Impfschutzes, von einer Privatklinik abgelehnt wurde. Es ging um einen Kuraufenthalt und keinen akuten Fall. Sie hat dabei das Schreiben der Klinik online gestellt und lediglich die Daten ihrer Bekannten geschwärzt. Dazu hat sie, nur um sicher zu gehen, auch noch die Homepage der Klinik verlinkt. Natürlich total uneigennützig und kein bisschen davon getrieben möglichst viele negative Rezensionen zu provozieren.
Dies ist kein Einzelfall und dieses Vorgehen führte kürzlich zum Suizid einer jungen Ärztin, aber natürlich sind es immer nur die Anderen, die andere Meinungen nicht akzeptieren, oder?
Was das Urteil betrifft, ist die Entscheidung sicher für jeden Außenstehenden schwer nachvollziehbar.
Ich bilde mir nicht ein alle Einzelheiten in diesem Fall zu kennen und auch kenne ich das psychologische Gutachten nicht, aber falls diese Frau auch nur einen Funken Liebe für ihre tote Tochter im Herzen trägt, ist sie ein Leben lang mit ihrer Schuld eingesperrt – da ändern ein paar Jahre physischer Gefangenschaft kaum etwas.
Und nur damit wir uns richtig verstehen – mein Rechtsempfinden wird dadurch auch nicht beruhigt.