Polizeiwagen im Einsatz rammt Auto – Streit um Schadenersatz

12. Februar 2023

Wenn Polizeiwagen mit Blaulicht in den Einsatz fahren, kann es gefährlich werden. Auch für andere unbeteiligte Zivilfahrzeuge. Das ist einem 37-jährigen Mann aus Neubrandenburg passiert. Er fuhr am 4. Juli 2020 gegen 22 Uhr aus einer Nebenstraße im Vogelviertel nördlich vom Bahnhof bei grüner Ampel über die ehemalige Bundesstraßen 96 hinweg – und wurde von einem Streifenwagen gerammt. 
Nun streiten sich der Autofahrer und das Land Mecklenburg-Vorpommern um die Kosten des Unfalls vor dem Landgericht Neubrandenburg. Am Auto des Mannes entstanden rund 25 000 Euro Schaden, wie er sagte. Am Polizeiwagen war dieser Schaden wohl ähnlich hoch. Der 37-Jährige möchte eigentlich auch Schmerzens- und Arbeitsausfallgeld einklagen – denn er war nach eigenen Angaben acht Monate krank geschrieben. Doch dazu muss er den Prozess um die Haftungsfrage am Landgericht für sich entscheiden.

Das ist aber nicht so einfach. Das Problem: Die Polizei wollte so schnell wie möglich zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung eilen und hatte – wie die Beamten betonten – auf Anweisung der Leitstelle Blaulicht und Martinshorn an. Man fuhr vom Pferdemarkt am Ring auf der vierspurigen Straße zügig nach Norden. An der betreffenden Ampel hatte der Streifenwagen zwar „Rot“, war aber im Einsatz.

Man habe vor der Kreuzung geschaut und etwas abgebremst, sagte ein Polizist als Zeuge. Erst kurz vor dem Unfall habe man den zivilen Autofahrer von links aus der Seitenstraße kommen sehen. Der Polizeiwagen rammte das Auto, das sich um 180 Grad drehte. Strittig blieb aber, wie schnell beide Autos wirklich zum Unfallzeitpunkt waren.

Ein Gutachter wurde eingeschaltet. Dieser rechnete aus, dass das Polizeiauto noch etwa 30 bis 40 Sachen schnell gewesen sein muss.

Als Zeugin sagte eine Fußgängerin aus, die gerade ihren Hund ausführte. Sie habe das Polizeiauto gesehen und auch „Tatütata“ gehört.

„Da kam das schwarze Auto plötzlich aus der Seitenstraße und schon knallte es“, sagte die Frau, die sich „sehr erschrocken hat“. „Sowas sieht man ja auch nicht alle Tage“, sagte die 48-Jährige.

Der Anwalt der Polizeiseite hat nach eigenen Angaben eine Mitschuld von 50 Prozent der Polizisten als Landesbediensteten schon eingeräumt. Das sei schon sehr teuer, sagte er. Der Anwalt des Klägers möchte aber gern, dass das Land 100 Prozent für den Unfall haftet. Das lehnt das Land rigoros ab. In dem Punkt kam man sich auch im Gericht noch nicht näher. Im Gegenteil: Das Land macht den 37-jährigen für den Schaden am Polizeifahrzeug haftbar.  Damit würden sich die Schadensansprüche wohl annähernd aufheben.

Der Kläger-Anwalt bezweifelt unter anderem, dass das Polizeiauto überhaupt mit Martinshorn und „Tatütata“ gefahren ist. Und wer weiß, vielleicht waren die Polizisten ja doch viel schneller unterwegs als bisher gesagt? Für diese Behauptung gab es bisher vor Gericht aber keine Zeugen.

Nun hat sich das Landgericht noch einmal vertagt. Bei einem nächsten Termin soll noch eine Autofahrerin, die auf der Rechtsabbiegespur neben dem Polizeiwagen stand, als Zeugin gehört werden. Sie war erkrankt. Der Richter hofft, dass sich die Parteien vielleicht noch vergleichen, ansonsten müsste das Landgericht über die Haftungsquote entscheiden.

In der Rechtsprechung heißt es, dass andere in ihren Rechten zurücktreten müssten, wenn Einsatzfahrzeuge zu Notfällen eilen, auch wenn die Zivilfahrzeuge „Grün“ haben. Voraussetzung sei aber, dass die Streifenwagen rechtzeitig gesehen werden. 

„Wären das Teslas gewesen, hätte man die Geschwindigkeiten bei beiden Autos wohl später noch auslesen können“, schaute der Richter in die Zukunft. So weit sei es aber – leider – noch nicht.


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