Seenplatte-Einwohner haben laut Statistik rund 18 000 Euro im Jahr zur Verfügung
„Einheitliche“ oder „gleichwertige“ Lebensverhältnisse in der gesamten Bundesrepublik zu erreichen – diesen Auftrag stellt das Grundgesetz der Politik seit fast 70 Jahren. Wie schwer das Ziel aber einzulösen ist, zeigt ein detaillierter Blick auf die durchschnittlichen verfügbaren Einkommen der Privathaushalte in den 401 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten:
Sie sind im bundesweit „wohlhabendsten“ Landkreis Starnberg bei München mit 34.987 Euro pro Person und Jahr mehr als doppelt so hoch wie in der Stadt Gelsenkirchen, die mit 16.203 Euro Pro-Kopf-Einkommen das Schlusslicht bildet. Neben Teilen des Ruhrgebiets, des Saarlands und von Niedersachsen liegt vor allem Ostdeutschland knapp 30 Jahre nach der „Wende“ weiterhin deutlich zurück: In nur sechs von 77 Ost-Kreisen und kreisfreien Städten überschreitet das Einkommen pro Kopf die Marke von 20.000 Euro, während im Westen 284 von 324 Kreisen und Städten darüber liegen.
In Mecklenburg-Vorpommern liegt das verfügbare Einkommen bei 18 299 Euro, im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte bei 18 062.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine neue Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.
Für ihre Studie haben die WSI-Experten Dr. Eric Seils und Dr. Helge Baumann die neuesten verfügbaren Einkommens-Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder ausgewertet. Im deutschen Durchschnitt, zu dem vorläufige Daten für das Jahr 2018 vorliegen, beträgt das verfügbare Einkommen pro Person 23.295 Euro. Die neuesten Regionaldaten für Städte und Gemeinden reichen bis 2016. Das verfügbare Einkommen eines privaten Haushaltes ist das Einkommen nach Steuern, Sozialabgaben und Sozialtransfers, das für den Konsum verwendet oder gespart werden kann.
Nach Abzug der Preissteigerung sind die verfügbaren Einkommen zwischen 2000 und 2018 im deutschen Durchschnitt um immerhin 12,3 Prozent gewachsen. In Ostdeutschland waren die realen Zuwächse mit 13,9 Prozent zwischen 2000 und 2016 etwas höher als im Westen – bei deutlich niedrigerem Ausgangsniveau. Dadurch kam es zu einer langsamen Annäherung zwischen beiden Landesteilen. Lag das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen zur Jahrtausendwende noch bei 81,5 Prozent des Westniveaus, waren es 2016 knapp 85 Prozent.
Während in beiden Landesteilen in der großen Mehrheit der Städte und Kreise die durchschnittlichen verfügbaren Einkommen seit der Jahrtausendwende also real gewachsen sind, gingen sie in 33 Kreisen und Städten gegen diesen Trend zurück. Den stärksten inflationsbereinigten Verlust verzeichnete die Stadt Offenbach, wo die durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen um 8,7 Prozent gefallen sind.
Vorpommern-Greifswald zählt zu den Schlusslichtern
Den bundesweit stärksten Anstieg gab es in Heilbronn, wo das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen seit der Jahrtausendwende real um 43 Prozent gewachsen ist (in den vergangenen Jahren dann allerdings nicht mehr). Mit 32.366 Euro im Jahr liegt die württembergische Stadt bundesweit an zweiter Stelle. Allerdings dürften das hohe Durchschnittseinkommen und die kräftige Steigerung seit der Jahrtausendwende auch damit zu tun haben, dass in Heilbronn mit seinen etwa 125.000 Einwohnern mehrere sehr reiche Personen gemeldet sind – darunter der Milliardär Dieter Schwarz, dem der Handelskonzern Lidl gehört. Sehr hohe Einkommen von Einzelpersonen erhöhen den allgemeinen Durchschnitt. Grundsätzlich gilt, dass das Durchschnittseinkommen (arithmetisches Mittel) gegenüber Ausreißern nach oben sehr empfindlich ist. Das wirkt sich in kleineren Städten stärker aus als in Metropolen.
Zusammen mit dem Kreis Starnberg und dem Hochtaunuskreis (31.612 Euro) zählt Heilbronn zu den drei deutschen Gebietskörperschaften, in denen das durchschnittliche verfügbare Pro-Kopf-Einkommen höher ist als im reichsten EU-Land Luxemburg (30.600 Euro). In den Regionen mit dem niedrigsten Durchschnitt – neben Gelsenkirchen etwa die Stadt Duisburg (16.881 Euro), Halle an der Saale (17.218 Euro), der Landkreis Vorpommern-Greifswald (17.303 Euro) sowie Frankfurt an der Oder (17.381 Euro) – ist das Einkommensniveau hingegen vergleichbar mit dem landesweiten Durchschnitt in Italien oder den Einkommen auf Korsika.
Die Einkommen in den 15 größten deutschen Städten liegen im Mittel dieser Gruppe zwar etwas über dem Bundesdurchschnitt, allerdings ist die Spreizung sehr groß: Während München, Stuttgart, Düsseldorf und Hamburg bundesweit zum Fünftel mit den höchsten durchschnittlichen Haushaltseinkommen zählen, gehören Leipzig oder Duisburg zu den 20 Prozent mit den im Durchschnitt „ärmsten“ Einwohnern. Zudem fielen die realen Einkommenszuwächse in allen 15 Städten seit 2000 unterdurchschnittlich aus. In Essen und Nürnberg gingen die Pro-Kopf-Einkommen preisbereinigt sogar spürbar zurück. Hinzu kommt: Da Wohnkosten ebenfalls aus dem verfügbaren Einkommen bezahlt werden, dürften steigende Mieten insbesondere in den wachsenden Metropolen die finanziellen Möglichkeiten vieler Bewohner beschränken.
Wenn man sich jetzt noch vor Augen hält das es sich in dieser Statistik um Brutto-Einkommen handelt, dann relativiert sich die Aussage nochmals.
Tatsächlich ist das Nettoeinkommen viel aussagekräftiger denn das stellt wesentlich deutlicher einen Bezug zu einer vorhandene Kaufkraft dar.
Bitte genau lesen:
„Das verfügbare Einkommen eines privaten Haushaltes ist das Einkommen nach Steuern, Sozialabgaben und Sozialtransfers, das für den Konsum verwendet oder gespart werden kann.“