Wenn die Retter selbst in Gefahr geraten

16. Februar 2015

UnfallSie eilen mehr als 6100 mal im Jahr los, um Menschen an der Müritz zu helfen. Sie stehen unter erheblicher Anspannung. Und sie müssen jede Sekunde mit Verkehrsteilnehmern rechnen, die ihnen die Einsatzfahrt zur Hölle machen: Die 55 Rettungsassistenten der Müritz-Region werden von Jahr zu Jahr häufiger alarmiert, Tendenz weiter steigend.
„Wir haben pro Jahr etwa 200 Einsätze mehr. Da sich der Altersdurchschnitt in unserer Region weiter erhöht, gehen wir davon aus, dass sich dieser Trend auch in den nächsten Jahren fortsetzen wird“, sagt Uwe Jahn als Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes Mecklenburgische Seenplatte.

Heiß diskutiert wurde in der vergangenen Woche auch an der Müritz der Fall des Notarztes, der zu einem Kind geeilt ist, das zu ersticken drohte und dafür seinen Führerschein los werden sowie eine hohe Strafe bezahlen sollte. Der Strafbefehl ist zwar inzwischen aufgehoben worden, vermutlich auch wegen des öffentlichen Drucks, doch es bleiben Fragen: Wie schnell dürfen die Retter fahren, wie können alle anderen Verkehrsteilnehmer helfen, dass sie schnell und vor allem sicher zu den Menschen kommen, die sie dringend brauchen.

SOS„Das Gesetz ist da leider nicht so ganz eindeutig“, erzählt Peter Scherber, der die beiden Rettungswachen in Waren leitet, im Gespräch mit „Wir sind Müritzer“. Denn dort heißt es nur: „Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen.“ Doch, was heißt eigentlich freie Bahn?

„Zu DDR-Zeiten stand da eindeutig, dass rechts ‚ran gefahren werden muss. Und das war gut so“, meint der erfahrene Wachleiter, der seit mehr als 20 Jahren im Job ist. Rechts ‚ran und anhalten sei für die Fahrer des DRK die beste Variante, um auch auf viel befahrenen Straßen schnell durchzukommen.

„Rettungsassistenten sind keine Rambos“

„Was unsere Leute fast jeden Tag erleben: Fahrer eins hält an, Fahrer zwei und drei auch und Fahrer vier hat von dem Einsatzwagen nichts mitbekommen, will die anderen überholen und schert aus“, berichtet der 52-Jährige. Brenzlig werde es häufig zudem an Kreuzungen, denn die Retter dürfen bei eingeschaltetem Sondersignal und Martinshorn sebstverständlich bei Rot fahren. Allerdings gibt’s auch hier immer wieder Situationen, in denen anderen Fahrer regelrecht pennen, vielleicht auch zu laut Musik hören oder telefonieren. „Wir wissen das und stellen uns darauf ein. Trotz aller Eile fahren wir sehr vorsichtig an die Kreuzungen heran“, so Peter Scherber.

UnfallRoeblerUnd Geschäftsführer Uwe Jahn betont: „Hier sind keine Rambos unterwegs, sondern Rettungsassistenten, die zwar schnell helfen wollen, aber auch selbst gerne wieder heil nach Hause zu ihren Familien kommen möchten.“ Die Unfallstatistik des DRK Mecklenburgische Seenplatte zeige, dass nur sehr selten etwas passiert. Zwar gibt’s hier und da mal kleine Beulen, schlimme Unfälle seien aber zum Glück die absolute Ausnahme.

Damit das auch so bleibt, absolvieren die Rettungsassistenten spezielle Fahrsicherheits-Übungen, unter anderem beim ADAC. Diese Trainingseinheiten sind nicht nur wichtig, um blitzschnell zu reagieren, wenn andere Fahrer träumen, sondern auch, um selbst bei schwierigsten Straßenverhältnissen klar zu kommen. Denn während die meisten Autofahrer zum Beispiel bei Blitzeis ihr Auto lieber stehen lassen, müssen die DRKler auch dann los, wenn sie wegen Glatteis kaum gehen können.

Die insgesamt 6116 Rettungs- sowie 3193 Notarzteinsätze im Gebiet des alten Müritzkreises sind übrigens eine äußerst kostspielige Angelegenheit. Rund 4,6 Millionen Euro kostet der Rettungsdienst an der Müritz.

Und hier noch einmal die Tipps der Müritzer Rettungsassistenten zusammengefasst:

1. Bloß nicht panisch, sondern ruhig reagieren, wenn sich ein Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn nähert.

2. Wenn möglich, rechts ‚ran fahren und anhalten.

3. Andere Verkehrsteilnehmer trotz des eigenen Ausweichmanövers nicht aus den Augen verlieren.

4. Bei zwei- und mehrspurigen Fahrbahnen fahren die linken Wagen nach ganz links, die übrigen nach rechts.

5. Auch Zweiradfahrer und Fußgänger müssen auf ihre eigenen Vorrechte verzichten.

6. Wichtig ist, den Richtungswechsel mit dem Blinker anzuzeigen, um den Einsatzkräften zu signalisieren, in welche Richtung Platz geschaffen wird.

Bild: Wachleiter Peter Scherber (hinten) und seine Rettungsassistenten André Mamerow, Aya Decker und Robert Runge würden sich über mehr Rücksicht der Verkehrsteilnehmer freuen.

Retter


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