Wieder kein Happy End im Märchen um das Schloss Varchentin

8. September 2018

„Der Traum ist aus“. Dieser Satz springt den Besuchern der Internetseite „Schloss Varchentin“ seit wenigen Tagen entgegen. Nicht mehr und nicht weniger. Einfach nur „Der Traum ist aus“.
Dass auch dieser Versuch, das Schloss in Varchentin zu retten, gescheitert ist, haben Einheimische schon lange befürchtet. Denn der Verein, der sich auf Initiative von und unter dem Vorsitz der Berlinerin Kornelia Kaschke-Kısaarsla zur Sanierung des Schlosses vor knapp drei Jahren gegründet hat, ist Ende 2017 plötzlich verstummt.
Selbst die Gemeindevertreter und die engagierte Bürgermeisterin Jana Düring hörten nichts mehr von den neuen Schlossbesitzern. Versuche, Kontakt aufzunehmen und Informationen zu erhalten, hatten keinen Erfolg.
Anfragen von „Wir sind Müritzer“ blieben zunächst unbeantwortet. Bis es Donnerstag endlich ein Lebenszeichen gab. Am späten Abend wurde auf der Facebook-Seite des Vereins über das „Aus des Traumes“ geschrieben.
Ein Facebook-Eintrag, der viele Fragen aufwirft, aber nur wenige beantwortet.

Zur Erinnerung: Das Schloss Varchentin ist nach der Wende mehrfach verkauft worden, zum vierten Mal im Sommer 2016 an den Verein „Schloss Varchentin“. Dahinter steckt die Kunsthistorikerin Kornelia Kaschke-Kısaarsla aus Berlin, die das herrschaftliche Ensemble von der Aurelia-Gruppe erwarb. Kindheitserinnerungen gab sie als einen wichtigen Beweggrund an, denn sie sei in Lehsten aufgewachsen und habe früher viele schöne Tage am und im Schloss verbracht.

Großes Medien-Interesse

Mit Eigeninitiative, Spenden und Fördergeldern, so verkündete sie, wollte sie das 1847 erbaute und mehr als 20 Jahre leer stehende Herrenhaus wieder in Schuss bringen. Also etwas schaffen, was großen Konzernen bis dahin nicht gelungen ist. Ein Ort der Begegnung sollte es werden, ein kultureller Treffpunkt, ein Platz für Kinder- und Jugendarbeit, wie Kornelia Kaschke-Kısaarsla immer wieder erzählte.

15 Millionen Euro, so die Aussage auf dem ersten Sommerfest 2016, seien nötig, um das Tudor-Schloss zu sanieren. Skeptiker haben schon damals einerseits die Summe als viel zu niedrig bezeichnet und es andererseits für unmöglich gehalten, dieses 4400 Quadratmeter große, stark zerfallene Gebäude inklusive Lennè-Park durch Arbeitseinsätze, Spenden und ein paar Fördergelder retten zu können.

Doch diese Zweifel wischte die überaus motiviert wirkende Kornelia Kaschke-Kısaarsla mit der euphorischen Präsentation ihrer Ideen stets weg. Und in Sachen Marketing macht ihr so leicht niemand etwas vor: Medien aus ganz Deutschlands berichteten über das außergewöhnliche und vor allem mutige Vorhaben des Vereins.

Zahlreiche Spendenaufrufe

Es folgten Feste, auf denen um Spenden gebeten wurde – auch das Bundespolizeiorchester spielte auf dem idyllisch gelegenen Areal – und es gab Arbeitseinsätze mit vielen, vielen Freiwilligen. Sie kamen zumeist aus dem Dorf und umliegenden Gemeinden, unter anderem zeigten sich die Mitglieder der Feuerwehren sehr aktiv. Da wurden Dachrinnen repariert, Tapeten abgerissen und Schutt weggebracht. Da fielen Bäume und Sträucher, und da wurden auch schon mal ein paar Ausstellungsbilder in die Ruinen gehängt.

Und zwischendurch immer wieder Spendenaufrufe. Auch über Facebook.

Bis sich dann plötzlich der Vorstand des Vereins und viele Mitglieder zurückzogen und selbst für Varchentins Bürgermeisterin Jana Düring nicht zu erreichen waren. „Wir hatten beispielsweise die Bundestagsabgeordnete Heidrun Bluhm zu Gast, die sich für Fördermittel eingesetzt hat, aber selbst da kam keine Rückmeldung mehr von den Verantwortlichen“, so Jana Düring gegenüber „Wir sind Müritzer“. Sie ist sehr enttäuscht, dass Varchentins Schloss nun wieder in der Luft hängt und hatte – wenn auch nicht ohne Zweifel – wirklich gehofft, dass es dieses Mal etwas wird. „Wir haben die Vereinsvorsitzende mit offenen Armen empfangen und sie unterstützt, wo es nur ging.“

Keine Auskunft zu den Finanzen

Am späten Donnerstagabend dieser Woche plötzlich der Eintrag auf der Facebook-Seite des Vereins. Darin heißt es unter anderem: „Dem Verein Varchentiner Schloss ist es letztendlich nicht gelungen, unser ambitioniertes Projekt trotz der herausragenden Unterstützung der vielen HelferInnen und BesucherInnen auf eine stabile finanzielle Grundlage zu stellen.“

Und: Als den Mitgliedern die aussichtslose Lage in vollem Umfang bewusst geworden sei, habe man zum einen die Auflösung des Kaufvertrages betrieben und zum anderen nach neuen Investoren gesucht. Ohne Ergebnis. Die Rückabwicklung des Kaufes sei inzwischen abgeschlossen. Bürgermeisterin Jana Düring kennt diese Nachricht nicht, und hat erst von „Wir sind Müritzer“ davon erfahren. Niemand vom Verein hat es bis heute für nötig gehalten, sie persönlich zu informieren.

In dem Facebook-Post folgen viele Sätze mit allgemein gehaltenen Dankesformulierungen. Allerdings kein Wort darüber, warum dieses Projekt, dessen Wahnsinns-Umfang keine Überraschung, sondern von Anfang an klar war, denn nun konkret scheiterte. Und vor allem kein Wort zu den Spenden, die in den vergangenen drei Jahren geflossen sind.

Auch eine Anfrage von „Wir sind Müritzer“ zu diesem Thema blieb bis gestern Abend unbeantwortet. Konkret haben wir gefragt, wie viele Gelder der Verein insgesamt eingenommen hat und wie dieses Geld verwendet wurde.

Leider keine Antwort.

Offenbar ist nicht nur der „Traum aus“. Auch die Stimme der sonst so mitteilungsbedürftigen Vereinsvorsitzenden aus Berlin scheint verloren gegangen zu sein.

Foto ganz oben: Dieses Bild (Screenshot) empfängt die Besucher der Homepage „Schloss Varchentin“.


5 Antworten zu “Wieder kein Happy End im Märchen um das Schloss Varchentin”

  1. Ilona Behnke sagt:

    Hallo, auch ich habe Kindheitserinnerungen an das Varchentiner Schloss. Zu DDR Zeiten war da ein Konsum drin, der „Kino-Fritze“ kam und zeigte Vorstellungen im Saal. Dort feierten wir Kinderfeste. Ich erinnere mich eine eine alte Dame, die dort noch wohnte, sie hatte eine riesige Badewanne, wie ich sie noch nie sah. Ich wohnte im Unterdorf, im Lehrerhaus, und dort war es schon grosszügig, hatten das Klo aber noch auf dem Hof.
    Im Schloss gabs ne Kneipe, es gab einen Konsum.
    In meiner Erinnerung war es gut in Schuss, was aber sicher sonicht stimmte. Hinter dem Schloss im Untergeschoss war ein Bäcker. Das Schloss war intergiert, die Stallungen verfielen.
    Mit grossem Bedauern hab ich verfolgt, was in all den Jahren passierte und hatte schon gehofft, dass es wieder wird.
    Nun war ich nochmals da, und jetzt sehe ich im Netz, dass es AUS ist. Es ist schade, aber viel zu spät, um es zu sanieren.
    Das ganze Umfeld ist nicht geeignet, Menschen anzulocken.Tiefes Mecklenburg. Leider, aber ich hab die Frau Kaschka-K. bewundert, konnte mir aber nicht wirklich vorstellen, das sie es schafft.
    Wäre gerne einmal hineingegangen, um alles anzusehen.
    Trotzdem alles gute für Frau Kornelia, soviel Mut. Hoffentlich nimmt es ein gutes Ende.
    Mit freundlichen Grüßen I. Behnke

  2. Michaela Friedrich sagt:

    Einen wunderschönen…. Ich kenne das schloss und möchte es irgendwie erhalten. Möchte eine Veranstaltung vornehmen, wo ihr die Einnahmen umsetzen könnt,in eurem schloss! Fals interesse besteht, gern melden! Ich und mein Mann kommen aus der Hanse Stadt Lübeck und lieben die ehemalige DDR und was sie alles zu bieten haben. Würden uns sehr freuen, wenn sie sich mir uns in Verbindung setzten könnten. Mit freundlichen grüßen m.friedrich

  3. Hermann W. sagt:

    Verarschen können wir uns alleine.

    • RENATEHOETING sagt:

      es gibt, in unserem Land, für alles und jeden Gelder. Für unsere Geschichte gibt es nichts. Die darf verfallen und vergessen werden. Meine liebe Mutter lief als kleines Kind, barfuß nach Varchentin zum Konfirmandenunterricht. Sie stand staunend vor dem Schloß und hat es nie, niemals vergessen. Ein so herrliches Gebäude muß einfach sterben? WARUM ?

  4. Müller Brigitte sagt:

    Ich kenne das Schloss. Ich wurde 1952 darin geboren. Es ist so schade das das Gebäude zerfällt.Es liegt so schön eingebettet mit dem See.

    Mit freundl. grüßen B.Müller