Streuselschnecken von Waren bis nach Barcelona

5. April 2021

Ganz herzliche Glückwünsche gehen heute an ein Warener Familien-Unternehmen: Die Mecklenburger Backstuben GmbH wird 30 Jahre alt. Die Bäckerei selbst gibt’s aber schon zehn Jahre länger, sie wurde 1981 nach fünfjähriger Bauzeit als VEB Großbäckerei Waren mit 220 Mitarbeitern eröffnet. Am ersten Produktionstag verließen damals rund 600 Brote und 15 000 Brötchen in der Stunde die Bäckerei am Alten Bahndamm. Der Firmensitz ist geblieben, die Zahlen allerdings sind nicht mehr mit denen von vor 40 Jahren vergleichbar. Ein paar Beispiele gefällig? 11,3 Millionen Streuselschnecken sind in 30 Jahren in den Filialen sowie im Einzelhandel verkauft worden. Das ergibt eine Strecke von 1700 Kilometern – also Luftlinie von Waren bis nach Barcelona. Oder: In den letzten 30 Jahren gingen in der Filiale rund 1,7 Millionen Dinkelbrote über den Ladentisch. Wenn man die hintereinander legen würde, kommt man etwa 3,5 Mal um die Müritz. Und die 136 Millionen verkauften Meisterstücke füllen 115 Fußballfelder.
Mit gut 500 Mitarbeitern ist die Mecklenburger Backstuben GmbH heute einer der größten Arbeitgeber der Region. Trotz dieser Größe geht’s im Unternehmen familiär zu. Darauf legen die drei Geschäftsführer Günther Neumann sowie seine beiden Töchter Kathrin Rossa und Dr. Christina Kohn großen Wert.

Günther Neumann kennt die Bäckerei wie seine Westentasche. Im November 1984 startete er seine Karriere im DDR-Betrieb zunächst als Lagerarbeiter. Nicht freiwillig, denn der studierte Diplom Ingenieur Ökonom war eigentlich Leiter des Fernmeldeamtes in Malchin. Doch „Westkontakte“ beendeten seine berufliche Laufbahn dort. So kam der heute 71-Jährige als Lagerarbeiter in die Großbäckerei. Schon nach drei Monaten hatte er aber bewiesen, dass man ihm mehr zutrauen kann – er wurde Leiter Absatz.

Von wichtigen Männern in langen Mänteln

“Auch in der Produktion habe ich gearbeitet, Eier aufgeschlagen, Brötchen geformt, und, und und. Meine beiden Töchter, die mit mir gemeinsam in der Geschäftsführung sind, übrigens auch. Wir wissen also sehr genau, was unsere Leute leisten und haben allerhöchsten Respekt vor ihrer Arbeit”, erzählt der Unternehmer.

Nach der Wende begann für die Mitarbeiter der Firma zunächst eine sehr unsichere Zeit, denn auch die Banken trauten ihnen ob des fehlenden Know-hows, des nicht vorhandenen Geldes und der veralteten Technik kaum etwas zu. Also wurden von der Treuhand zunächst Käufer gesucht. Männer mit langen Mänteln, Hüten und Koffern tauchten auf,  landeten sogar mit Hubschraubern auf dem Firmengrundstück und wollten sich die damalige Großbäckerei einverleiben. Darunter beispielsweise auch Vertreter von Coppenrath und Wiese, Interessenten aus Frankreich und der Schweiz. Doch wenn’s ans Bezahlen ging, zerschlugen sich die Geschäfte auch schnell wieder.

Die „behüteten“ Herren haben das einstige volkseigene Unternehmen nicht bekommen, sondern vier mutige Mitarbeiter, die im April 1991 über das so genannte “Management by out” die Mecklenburger Backstuben GmbH gründeten. Einer von ihnen war Günther Neumann.

Also wagten die vier Mitarbeiter den Schritt, übernahmen die Großbäckerei, retteten viele Jobs, und gingen zunächst einen ungewöhnlichen Weg, um an Geld zu kommen. “Die Banken wollten Sicherheiten”, so Günther Neumann. Neben der normalen Produktion verkauften die Bäcker fortan Eis, und zwar aus zwei Eiswagen in Waren heraus. “Das lief bombastisch”, erinnert sich der Geschäftsführer. Letztendlich hatten sie damit so viel Geld verdient, um Kredite für Investitionen zu bekommen.

Zahlreiche Pläne für die Zukunft

Schritt für Schritt ging’s dann zu dem Unternehmen, das heute mit mehr als 500 Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern des Landes zählt, rund 50 eigene Backstubencafés in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg betreibt und im Tiefkühlbereich auch ins Ausland, vor allem in die skandinavischen Länder exportiert.

“Wir haben aber nicht über Jahre hinweg geplant, sondern sind Schritt für Schritt vorwärts gegangen, entwickelten immer neue Ideen, haben Nischen gesucht und vor allem den Kopf nicht in den Sand gesteckt, wenn mal etwas daneben ging”, verrät der Senior-Chef seine Unternehmensphilosophie, die seine Töchter Kathrin Rossa und Christina Kohn ebenfalls leben. Und nicht zuletzt Bärbel Neumann als “Mutter der Kompanie”, die nicht nur viele Fäden zusammenhält, sondern auch für das Design der Backstubencafès verantwortlich zeichnet.

Die Zeiten sind nicht leichter geworden, wer sich auf dem ausruht, was er bisher geschaffen hat, verliert irgendwann den Anschluss. Über die Jahre sind viele Millionen investiert worden, und auch für die Zukunft gibt es viele Pläne. Momentan setzt dem Familienunternehmen aber die Corona-Krise zu. Die drei Geschäftsführer und ihr Team resignieren aber nicht. Sie schauen vorwärts und wollen mit ihren Vorhaben dafür sorgen, dass die vielen Arbeitsplätze erhalten bleiben. Neue Öfen in den Filialen, renovierte Filialen in vielen Städten, ein neues Snack-Sortiment, eine moderne Verpackungslinie sowie die Erneuerung der Kältemittelanlage sind nur einige Beispiele für die Pläne, die auf der To-do-Liste stehen.

Und natürlich die Ausbildung von jungen Leuten. Sie bekommen nicht nur eine hochwertige Ausbildung in den verschiedensten Berufen, sondern die Chance, anschließend im Unternehmen zu bleiben und Karriere zu machen. Wie einst Günther Neumann und viele Mitarbeiter, die zum Teil Jahrzehnte „ihrer Großbäckerei“ am Alten Bahndamm in Waren treu geblieben sind.


2 Antworten zu “Streuselschnecken von Waren bis nach Barcelona”

  1. Ditmar Piontek sagt:

    …schöner Artikel. Gratulation!

  2. Leuthäuser,Evelyne sagt:

    ich möchte darauf hinweisen,dass die Gründer Herr Leuthäuser und Herr Jedwilat,die eigentlichen gelernten Bäcker,genannt werden sollten.Denn das sind die eigentlichenKäufer.Zumindestens wurde die A regung von diesen beiden Personen angeregt.Herr Neumann wurde natürlich mit a gesprochen.Die beiden Herren Leuthäuser u .Jedwillat sind aus altersgründen ausgeschieden.