Warens Garagenbesitzer machen mobil

23. Juni 2021

Warens Garagenbesitzer machen mobil: Die Stadt will ran an ihre Pachtverträge (WsM berichtete) – mit nicht unerheblichen Folgen für sie. Heute hat der Finanz- und Grundstücksausschuss zu diesem Thema beraten, rund 100 Betroffene versammelten sich vor dem Sitzungssaal an der Dethloff-Schule. Denn sie fürchten um ihre Garagen. Dabei ist es nicht nur die Angst, den Unterstand für ihre Fahrzeuge zu verlieren, denn die Garagen in der Stadt, insbesondere auf dem Papenberg, sind mehr als ein einfacher Abstellort. Sie sind Treffpunkt, Werkstatt, Hobby- und Lagerraum. Ja sie sind wichtig für das soziale Miteinander im Neubaugebiet. Doch jetzt will die Stadt die Pachtverträge kündigen und die Garagen lieber vermieten. Mit nicht unerheblichen finanziellen Konsequenzen für die Garagenbesitzer. Betroffen sind mehr als 1000 Warener in West und Ost.

Von den vielen Betroffenen, die zur Dethloff-Schule gekommen sind, durften nur 13 in den Sitzungssaal, ein Vertreter hatte Rederecht und stellte die Situation da.

Letztendlich entschieden sich die Ausschussmitglieder heute Abend mehrheitlich, dass bis zu einem Beschluss der Stadtvertretung keine Verträge gekündigt werden, außerdem wollen sich die Politiker einen überparteilichen Experten der Rechtsaufsicht hinzuziehen. Ein zeitweiliger Ausschuss soll das Garagenthema behandeln – vorausgesetzt, die Stadtvertreter stimmen der Gründung dieses Ausschusses zu.
Hat der Ausschuss eine Lösung erarbeitet, soll es eine große Versammlung geben, an der dann auch alle Interessierten teilnehmen können.

Zwar gehören die Gebäude den Garagennutzern, aber nicht die Grundstücke, auf denen sie stehen. Die haben sie von der Stadt gepachtet. Dafür zahlen sie im Jahr gegenwärtig um die 80 Euro. Diese Preise sollen sich in Zukunft deutlich erhöhen.

Und noch etwas macht den Betroffenen derzeit Sorge. Wenn ein Garagenbesitzer verstirbt, geht der Pachtvertrag nicht auf die Angehörigen über. Stattdessen kündigt die Stadt den Vertrag. Das musste die Tochter eines Garagenbesitzers, der unlängst verstorben ist, leidvoll erfahren. Ihr Vater war gerade erst beerdigt, da flatterte ihr ein Brief von der Stadt in Haus (liegt WsM vor). Inhalt: Die Kündigung der Pachtvertrages und die Aufforderung zur Räumung der Garage. Die Übertragung des Pachtvertrages auf die Tochter sei nicht möglich. Stattdessen könnte sie sich neu auf eine Garage bewerben und werde in die Warteliste aufgenommen. So muss sie die von ihrem Vater stets gut in Schuss gehaltene Garage abgeben – ohne Entschädigung. Normalerweise werden die Bauten je nach Zustand für um die 1000 Euro verkauft.

Vertrag kann nicht auf Erben übergehen

Apropos Verkauf: Die Garagenbesitzer können ihre Gebäude derzeit nicht einfach so verkaufen, sondern brauchen die Genehmigung der Stadt. Doch die genehmigt Verkäufe nicht. Braucht jemand seine Garage also nicht mehr, kann er sie nicht veräußern, sondern muss sie an die Stadt geben und sieht dafür keinen Cent.

Die Stadt beruft sich auf das Bürgerliche Gesetzbuch. Auf eine Anfrage von “Wir sind Müritzer”, heißt es, dass die Garagen zwar im Eigentum der Nutzer seien, nicht jedoch die Grundstücke, was noch mit den Regelungen aus DDR-Zeiten zusammenhänge. Laut Gesetz könnten DDR-Verträge beim Tod des Pächters gekündigt werden, um dann Gebäude- und Grundeigentum zusammenzuführen. “Ein DDR-Vertrag kann nicht auf einen Erben übergehen, dies ist gesetzlich so gewollt, da sonst kein Übergang passieren würde”, heißt es dazu aus der Stadtverwaltung.

Die Pacht oder Miethöhen wolle man künftig in einer städtischen Richtlinie festlegen. “Seit unsere Garagen schon einmal  auf der Kippe standen und wir mit unserer Bürgerinitiative verhindern konnten, dass sie abgerissen werden, hatten wir eine gute Zusammenarbeit mit der Stadt. Das ist leider seit einigen Monaten anders. Wenn es eine neue städtische Richtlinie geben soll, möchten wir vor einem eventuellen Beschluss mit einbezogen werden und nicht erst, wenn alles zu spät ist”, sagte Stephan Zeiler im Namen der Garagenbesitzer gegenüber „Wir sind Müritzer“.

Dabei machen die Garagenbesitzer auch deutlich, dass sie nichts gegen eine preisliche Anpassung ihrer Pacht haben, aber nicht in dem jetzt geplanten Ausmaß. Die momentane Unsicherheit hindere sie zudem an Investitionen, denn welcher Garagenbesitzer gebe Geld für ein neues Dach oder ein neues Tor aus, wenn er nicht wisse, wie es weiter geht.

Vor 15 Jahren bangten die Papenberger schon einmal um ihre 600 Garagen. Damals plante die Stadt die Verbindungsstraße zwischen dem Papenberg und dem Kiebitzberg genau dort, wo ihre Garagen stehen. Eine Bürgerinitiative machte sich dagegen stark, letztendlich wurde die Straße “Zum Kiebitzberg” da gebaut, wo sie heute ist, keine Garage musste fallen.

Auch jetzt, 15 Jahre später, wollen die Garagenbesitzer wieder kämpfen, für ihre Garagen und eine Regelung, die für beide Seiten fair und akzeptabel ist.


9 Antworten zu “Warens Garagenbesitzer machen mobil”

  1. Tim sagt:

    Zur Wahrheit gehört aber auch, dass nicht wenige Garagenbesitzer mehrere Garagen besitzen und geschätzt aus meinem Bekanntenkreis sind es insgesamt statt 1000 Garagenbesitzer (1000 Einzelpersonen) „nur“ 500 Einzelpersonen.
    Gleichzeitig vermieten einige Besitzer ihre Garagen an andere Nutzer weiter und das zu einem nicht sehr kleinen Monatsbeitrag.

    Schön wäre es, wenn die Besitzverhältnisse wirklich mal geklärt werden und die Stadt dann die Garagen vermietet.
    Aber dann auch wirklich mit Bestandsschutz für die nächsten Jahrzehnte.
    Denn dieses Damoklesschwert des einjährigen Pachtvertrages ist viel schwerwiegender als die Genehmigung eines Verkaufs oder die mangelnde Erbmöglichkeit.
    In Waren/West gab es sogar schon ein Angebot für eine Solaranlage auf den Dächern des Garagenkomplexes inklusive Dacherneuerung. Und trotzdem hätte die Solaranlage noch Geld eingespielt für die Stadt und die Eigentümer/Pächter.
    Aber dieser unsinnige Pachtvertrag hat das alles behindert.

  2. Jürgen sagt:

    Ist alles gut.Hauptsache wir behalten unsere Garagen.Auch wenn ich 1000,00 Euro bezahlen muß.

  3. FALK sagt:

    Ich muss mein Motorrad draußen stehen lassen, und andere haben nicht mal ein Fahrzeug und Garagen.
    Ich finde es ungerecht für die, die wirklich eine Garage suchen.

  4. Kerstin sagt:

    80 Euro Pacht im Jahr ist aber auch ein lächerlicher Betrag, gegenüber dem gemieteten Parkplatz vor dem
    Wohnblock.

  5. Rainer Espig sagt:

    Hallo Tim, Ihre Aussagen zu den Solardächern auf den Dächern der Garagen in Waren/West sind leider so nicht richtig. Die Antwort auf unseren Antrag zur Genehmigung dieser Solaranlage seitens der Stadt war „… wir wollen uns nicht so lange binden…“ Ich kann nicht sagen was die Stadt wirklich vor hat, gutes für uns Bürger wird es nicht sein. Die Aussage zu den Besitzverhältnissen der Garagen ist auch nicht richtig, zumindest in Waren/West, nur eine Handvoll Bürger haben mehr als eine Garage bei uns im Komplex, als Vorsitzender des Vereins kann ich diese Aussage mit Sicherheit treffen, was auf den anderen Standorten los ist kann ich nicht sagen.

  6. Rainer Espig sagt:

    Hallo Kerstin, Sie sollten folgendes beachten, bei den angemieteten Parkflächen hatte der Grundstückseigentümer erhebliche Aufwendungen für die Errichtung der Stellfläche. Die Ablösesumme für nicht geschaffene Stellplätze beträgt in Waren knapp 3000€, soviel kostet ein Stellplatzneubau, die Garagenbesitzer haben das alles selbst investiert und nicht die Stadt waren.

  7. Sophie sagt:

    Viele Leute haben die Garagen in Eigenleistung und mit ihrem Geld bebaut. Es ist ein Stück Freizeitgestaltung und Gemeinschaft sowie Vereinsleben, wo sich ehrenamtlich arangiert wird.
    Warum müssen die Besitzer nun enteignet werden und anschließend pachten? Bei den Kleingärten soll es auch immer an die Grundstücke gehen.
    Geht es nur noch um`s Geld machen? Kein Wunder eigentlich, wenn immer mehr Menschen vereinsamen oder psychisch erkranken. in dieser Hinsicht war es früher doch schöner mit der Solidarität undGemeinschaft untereinander.
    Oder wie seht ihr das so?

  8. Kerstin sagt:

    Alles richtig Freunde ! Ich habe selber eine Garage auf dem Papenberg besessen, bevor ich sie für einen Spottpreis
    verkauft habe, weil wir uns wohnungsmäßig verändert haben. Aber leider ist es auch so, dass viele Garagen artfremd
    genutzt werden, wenn ich daran denke was da an Feierabendarbeit geleistet wurde, was teilweise schon gewerbsmäßige
    Auswüchse annahm. Dieses sollte dann aber auch unterbunden werden, damit die Garagen Ihren ursprünglichen
    Zweck erfüllen.

  9. Tim sagt:

    „nur eine Handvoll Bürger haben mehr als eine Garage“

    Was ein Zufall, dass ich aber schon mehr als 3 Leute kenne, die jeweils 2 Garagen haben.
    Und selbstverständlich kann man das auch formaljuristisch leicht umgehen, weil dann ich als Person eine Garage mein Eigentum nenne und meine Ehefrau und meine Schwester auch jeweils eine Garage haben und trotzdem besitze ich dann 3 und nutze (oder nutze auch nicht) diese 3 Garagen ganz alleine (in manchen Garagen stehen nur Möbel und Kisten und in manchen Garagen steht nichts und in anderen Garagen stehen nun mal auch Autos, für die keine Parkplätze in Waren/West vorhanden sind).
    Nur auf dem Papier stehen dann 3 Eigentümer für 3 Garagen. So ähnlich läuft das leider sehr häufig und das weiß man als Vorstand auch oder will es nicht wissen.

    Das mit den Solardächern ist doch genau so wie ich es beschrieben habe:
    Die Stadt hätte einen 20 jahre lang laufenden Pachtvertrag geben können – dann hätte man Solar auf den Garagendächern aufstellen können.
    Diese Solaranlage kommt in eine GmbH und erwirtschaftet sogar Gewerbesteuer, die Geld in den Stadthaushalt bringt.
    Gleichzeitig hätte man die Pacht erhöhen können für die Garagenbesitzer, die eben auch einen Anteil der Einnahmen der Solaranlage bekommen hätten (und deshalb auch eine höhere Pacht zahlen können).
    Die Stadt wollte und will sich aber eben NICHT 20 Jahre lang binden.
    Weil dann stehen die Garagen eben auch 20 Jahre lang noch.
    Deshalb gibt es eben immer nur eine kurze Verlängerung der Pacht für die Garagenbesitzer.
    DAS ist das Problem an dem ganzen Garagendilemma und nicht die Höhe oder die Besitz-/Eigentumsverhältnisse der Garagen.