Demo für Erhalt von besonderer Frühchen-Station in der Seenplatte
In Neubrandenburg haben Biker, Krankenschwestern und Bürger gestern „gemeinsame Sache“ gemacht und protestiert. Vor dem Verwaltungsgebäude der AOK im Osten der Stadt versammelten sich rund 250 Menschen, die bei einer Mahnwache forderten, dass die Versorgung und Behandlung sehr kleiner Frühgeborener und ihrer Mütter weiter in der Seenplatte bleibt. Denn diese Versorgung steht auf der Kippe (WsM berichtete). „Wir sind ein Flächenland, wir brauchen das“, sagte die Leiterin der Mitarbeitervertretung am Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum, Renate Krajewski.
Organisator der Aktion vor dem beeindruckenden Glasgebäude der AOK waren die Biker Friends MV, die die Klinik seit Jahren unterstützen. Einer der Motorradmitglieder ist ein Pfleger. Nach einer Entscheidung der AOK in Berlin dürfen die Neugeborenen mit weniger als 1250 Gramm Geburtsgewicht nur noch bis Anfang 2023 in Neubrandenburg versorgt und behandelt werden.
Neubrandenburgs Stadtpräsident Jan Kuhnert von den Linken wies darauf hin, dass in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern natürlich andere Kriterien gelten müssten als in Ballungsgebieten. So sei die Situation in Hamburg oder im Ruhrgebiet ganz anders als im Nordosten, wo es überall weite Entfernungen und kaum vergleichbare ÖPNV-Angebote gibt.
Laut AOK-Nordost sollen die Behandlungszahlen zu gering sein, um die notwendige Qualität sicherzustellen, hieß es in der Begründung der Schließung dieser Frühchen-Betreuung. Kritiker fordern jedoch, die Entfernungen in so einer ländlichen Region viel stärker als bisher zu gewichten. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) und MV-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hatten die Entscheidung der AOK aus Berlin zurückgewiesen und kritisiert. Drese will erreichen, dass Neubrandenburg erstmal für 2023 eine Ausnahmegenehmigung erhält – der aber die Krankenkassen doch wieder zustimmen müssen. Die Kassen wollen mindestens 20 Fälle im Jahr, in Neubrandenburg waren es im Vorjahr sieben Fälle.
Die Demonstranten wollen trotzdem nicht ruhen: Sie haben bisher 17 000 Unterschriften gesammelt und wollen schnell auf mehr als 50 000 Unterschriften kommen, damit sich das Bundesministerium nochmals mit dem Fall befasst. Ansonsten müssten auch in der Müritz-Region Eltern bei solch komplizierten Frühchen-Fällen bald nach Rostock oder Berlin fahren, statt wie bisher noch eher „wohnortnah“ nach Neubrandenburg.
Fotos: Felix Gadewolz