Ein Feriencamp der besonderen Art

31. Juli 2015

Camp1Den Landtag in Schwerin besuchen, auf einer Harley Davidson mitfahren, Drachenboot fahren auf dem Tiefwarensee, im Kletterwald Hindernisse überwinden, die Müritz-Saga anschauen und am Abend bei der Disko schräge Outfits tragen, mit denen man so niemals auf die Straße gehen würde.
Das und einiges mehr erlebten 47 Kinder und Jugendliche im diesjährigen Diabetescamp an der Müritz, ein Feriencamp der besonderen Art.

Die Akzeptanz der Erkrankung und die damit verbundenen Herausforderungen im Alltag sind oft sehr schwierig für die zum Teil noch sehr jungen Schützlinge von Kinderdiabetologin Dr. Kathrin Kintzel. Aus diesem Grund hat sie das MediClin-Diabetescamp ins Leben gerufen.

Camp16N„Die meisten jungen Diabetiker durchlaufen eine Phase, in der sie Schwierigkeiten mit der Akzeptanz ihrer Erkrankung entwickeln“, berichtet die Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im MediClin Müritz-Klinikum. „In dieser Phase ist das gesamte soziale Umfeld und Helfersystem gefordert, das Kind oder den Jugendlichen zu begleiten und die nicht veränderbare Tatsache für sie akzeptabel zu machen. Dabei hilft den jungen Diabetikern vor allem auch der Austausch mit anderen Betroffenen, und das Diabetescamp bietet dafür genau den richtigen Rahmen“, so Dr. Kintzel.

Zudem dreht sich das Camp darum, die Kinder zum Umgang mit ihrer Krankheit zu schulen, aber auch ihnen zu zeigen, dass die Krankheit sie nicht am Spielen, Toben, Sport treiben und Spaß haben hindert, sondern sie nur gewisse Verhaltensregeln in Bezug auf ihre Krankheit beachten müssen.

In diesem Jahr fand das einwöchige Schulungscamp bereits zum dritten Mal statt und stand unter der Schirmherrschaft von Lorenz Caffier, Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Bereits die Anreise war ein echtes Highlight für die Kinder und Jugendlichen. Nach der ärztlichen Eingangsuntersuchung im Klinikum machten sie sich auf den Weg zur Warener Jugendherberge, aber nicht wie eigentlich erwartet zu Fuß, sondern ganz spektakulär mit der Warener Tschu-Tschu-Bahn.

Unter dem Motto „Bad Taste Party“ – zieht an, womit ihr für kein Geld der Welt in die Öffentlichkeit gehen würdet – feierten die Kinder dann am Abend bei einer Themendisko gegenseitig ihre schrill bunten Kostüme und tanzten ausgelassen.

Mit dem Drachenboot über den Tiefwarensee

CampTIn den darauf folgenden Tagen ging es mit viel Bewegung weiter. Sport steigert das allgemeine Wohlbefinden und das Selbstvertrauen. Dass Sport für die jungen Patienten ohne Probleme möglich ist, wenn sie ein paar Regeln beachten, lernen die jungen Patienten bei unterschiedlichen sportlichen Freizeitaktivitäten im Rahmen des Camps.
Ihnen wird gezeigt, wie man den Blutzuckerspiegel beim Sport unter Kontrolle hat und wie viel Spaß es macht, sich sportlich zu betätigen, sei es in Einzeldisziplinen wie dem Klettern im Kletterwald Müritz oder im Teamsport beim Drachenboot fahren auf dem Tiefwarensee.

Camp5Ingo Warnke, Warener Unternehmer und selber Spendengeber für das Camp, engagierte sich in diesem Jahr erneut nicht nur finanziell, sondern brachte sich auch aktiv in die Freizeitgestaltung ein. Er lud die Kinder und Jugendlichen zum Drachenboot fahren auf dem Tiefwarensee ein. Bevor es allerdings richtig los gehen konnte mit Sport, Spaß und Bewegung, wurde immer der Blutzuckerspiegel gemessen.
Bei körperlicher Aktivität erhöht sich die Insulinempfindlichkeit der Muskulatur. Wenn die Insulindosis vorher nicht reduziert wird oder nicht ausreichend Zusatz-Kohlenhydrate zugeführt werden, kann es zu einer starken Unterzuckerung, einer sogenannten Hypoglykämie kommen.
Umgekehrt kann eine zu stark reduzierte Insulinzufuhr bei längeren körperlichen Aktivitäten eine diabetische Stoffwechselentgleisung auslösen. Die Ärzte schulen die Kinder daher, dass es beim Sporttreiben besonders wichtig ist, auf den Blutzuckerwert zu achten und wenn möglich für den Notfall auch immer Traubenzucker am Körper zu haben.

Mit der Polizei auf zwei Rädern in den Landtag

Camp3„Bei guter Stoffwechseleinstellung sind die an Diabetes erkrankten Kinder genauso leistungsfähig wie Gesunde“ erklärt Kathleen Schulz, Assistenzärztin im Team von Dr. Kintzel. Alle hatten sichtlich Spaß beim Drachenboot fahren und spielten sich schnell als Team ein, um die Boote über den See manövrieren zu können.

Neben viel Freizeit und ausgelassener Stimmung standen weitere Schulungen auf dem Programm. So erhielten die Jugendlichen von den betreuenden Ärzten Dr. Kathrin Kinzel, Kathleen Schulz und Dr. Jutta Dobberpfuh lauch  eine Alkoholschulung. Die jüngeren Kinder wurden von Renate Lauterborn, Diabetesberaterin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Berlin, zur Erkennung und Vermeidung von Hypoglykämien unterrichtet.
Kindgerecht aufgearbeitet und durch gezielte Frage-Antwort Methoden erklärte die Diabetesberaterin den Kindern den richtigen Umgang mit dieser extremen Stoffwechselsituation. Immer wieder musste auch während der Schulungen der Blutzucker gemessen und hier und da durch Traubenzucker oder ein zuckerhaltiges Getränk ein zu niedriger Messwert korrigiert werden.

Camp14Wie im Vorjahr von Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider versprochen, stand in diesem Jahr zudem der Besuch im Landtag in Schwerin an. Wie Staatsgäste wurden die Kinder und ihre erwachsenen Begleiter mit Polizeieskorte zum Landtagsgebäude begleitet. Die Blue Knights, die auch in diesem Jahr wieder eine beträchtliche Summe für das Diabetescamp gespendet haben, waren ebenfalls dabei und geleiteten den Bus. Auf dem Weg von Waren nach Schwerin durften einige der Jugendlichen zudem auf den Zweirädern der motorradfahrenden Polizeibeamten mitfahren.

Das Diabetescamp war wieder ein voller Erfolg, denn die teilnehmenden Kinder verließen das Camp mit einem großen Lächeln im Gesicht und vielen tollen Erlebnissen, aber auch mit neuem Wissen im Umgang mit ihrer Krankheit, im Gepäck.

Camp8Auch das Team aus Betreuern und Ärzten zog positive Bilanz nach dieser Woche: „Der wenige Schlaf in dieser Woche auf Grund der nächtlichen Blutzuckermessungen ist vergessen, wenn man in die fröhlichen Gesichter der Kinder schaut. Außerdem ist es schön zu wissen, dass wir ihren Eltern eine Woche „Diabetes-frei“ ermöglichen können, denn solch eine Krankheit ist schließlich immer eine Belastungsprobe für die ganze Familie.“ sagt Diabetes-Schwester Theresa Neumann.

Text und Fotos: Jenny Thoma, MediClin Müritz-Klinikum

 


3 Antworten zu “Ein Feriencamp der besonderen Art”

  1. Jan Stobbe sagt:

    Das es eine solche Sommerveranstaltung für an Diabetes erkrankte Kinder gibt, ist wirklich lobenswert und wichtig. Schön zu sehen, dass es auch mit so viel Freude und Unterhaltung möglich ist, den Kindern nebenbei wichtige Informationen zum Umgang mit dieser Krankheit mitzugeben.

  2. Familie Krienke sagt:

    Wir möchten uns recht herzlich bei allen Spendern, Ärzten und Betreuern bedanken, durch denen dieses Camp erst ermöglicht wurde. Unser Kind hatte viel Freude und lernte mit seiner Krankheit besser umzugehen. Familie Krienke
    P.S. freue mich schon auf das nächste Camp und liebe Grüsse an alle…Hannes

  3. Schulz sagt:

    Schön das doch noch Menschen gibt die auch andere Menschen unterstützen sowie einer von Ihnen & zwar der Herr Ingo Wanke & andere Mitglieder.
    Die Kinder hatten viel Spaß dabei.
    So müssen wir aber auch die vierbeinigen Lebewesen ( Tiere) unterstützen wenn es denn nicht gut geht.
    Einfach schön.