Eine Institution an der Müritz – „Hafen-Heino“ hat alles im Griff

2. Oktober 2022

Wer bei Yachtcharter Schulz sein Urlaubsboot bucht und es in der Marina Eldenburg übernimmt, der wird auf jeden Fall mit Heino Brandt Bekanntschaft machen. Zuständig für reibungslose Abläufe im Hafen und auch für die Gästebetreuung, ist der sympathische Mecklenburger längst zu einer Instanz geworden. Er ist der „Hafen-Heino“, so ruft man ihn, so mag man ihn. Über den Hafenmeister ist jetzt in einem großen Wassersportmagazin mit dem Namen „Skipper“ ein Artikel erschienen. „Wir sind Müritzer“ darf diesen Artikel mit Genehmigung des Redakteuers hier veröffentlichen, schließlich geht es ja um „einen von uns“ und nur wenige Müritz kennen die Fachzeitschrift.
Und hier ist der Beitrag über „Hafen-Heino“, geschrieben von Rex Schober:

Die Saison neigt sich dem Ende entgegen und auch auf der Mecklenburgischen Großseenplatte  ist etwas Ruhe eingekehrt. Doch bei Yachtcharter Schulz in der Marina Eldenburg, an der Bundesstraße 192 zwischen Kölpinsee und Binnenmüritz gelegen, geht es weiter bis in die letzte Oktoberwoche. Mit 160 Motoryachten namhafter Hersteller und umfassenden Service-Angeboten zählt der 1995 gegründete Wassersport-Fachbetrieb aus Waren an der Müritz zu den wichtigsten deutschen Bootsverleihern. Neben den mecklenburgischen Hausrevieren ist die moderne Flotte auch bestens für Törns in den Boddengewässern und an der Ostseeküste aufgestellt. Außerdem kann man ab Plau am See, Barth, Kröslin, Neukalen, Werder und Berlin  ins Bootsabenteuer starten.

Typische DDR-Kindheit

In der Marina Eldenburg liegt die Betreuung der Chartergäste in den Händen von Heino Brandt, der gewissermaßen als „Kapitän am Steg“ und Key Account Manager auch für Reinigungsteams und Techniker verantwortlich ist. Die englische Berufsbezeichnung „SPoC“ („Single Point of Contact“) macht Heino für Mitarbeiter und Gäste zum Ansprechpartner für alle Belange am Steg. Soll heißen, bei ihm laufen die Fäden zusammen. Dabei scheint der Begriff „Hafenmeister“ in seinem Fall durchaus etwas untertrieben zu sein. Auf der Visitenkarte steht statt seinem bürgerlichen Namen das Pseudonym „Hafen-Heino“, das wiederum seine Verbundenheit zum Hafen untermauert. Er ist der Hafen-Heino und als solcher bekannt wie ein bunter Hund.

In Güstrow geboren, erlebte der heute 49-Jährige eine typische DDR-Kindheit in der mecklenburgischen Provinz. Vater Bruno war Landmaschinenschlosser, Mutter Marlies Lehrerin. 1975, Klein-Heino war gerade zwei Jahre alt, zog die Familie mit Bruder und Schwester nach Plau am See, wo Heino später auch eingeschult wurde. Schon frühzeitig erwuchs in Heino Brandt der Wunsch, später einmal Kfz-Schlosser zu werden. Da die begehrten Lehrstellen knapp waren, bot sich nur der Weg über die Nationale Volksarmee der DDR an, wo man bei längerer Dienstverpflichtung auch diesen Beruf erlernen konnte.

Doch es sollte anders kommen. Als Heino im Wendejahr 1989 aus der Schule kam, entschied er sich für den Beruf des Baumaschinisten, den er in Güstrow und Schwerin erlernte. In dieser Zeit des Umbruchs erlebte der junge Mann Demonstrationen in Schwerin, dann die Wende, danach die Währungsunion. Und er fand sich nach dem Ausbildungsabschluss 1991 in einem anderen Land wieder. „Das war spannend. Wir hatten jetzt Westgeld in der Tasche und mussten uns doch langsam in der neuen Welt zurechtfinden. Das war wirklich eine aufregende Zeit“, erinnert er sich. Heino wurde zum Grundwehrdienst bei der Bundeswehr eingezogen und fasste dort einen spontanen Entschluss: „Ich wollte für zwölf Jahre bei der Bundeswehr zu bleiben, weil ich dort berufliche Chancen und eine Zukunft sah“. Er versieht seinen Dienst in der ehemaligen Damerow-Kaserne zwischen Neu-Poserin und Karow, wo ein Nachschub- und Logistikzentrum des Bataillons Materielle Sicherstellung 8 stationiert war.

Immer noch Kriegsbilder im Kopf

Sechs Jahre lang ist Heino Zugführer in einer Ausbildungskompanie, kann sich innerhalb der Bundeswehr zum Bürokaufmann und zur Fachkraft für Organisation qualifizieren. Dann, im Jahre 1999, beteiligte sich die Bundeswehr im Rahmen eines bis heute umstrittenen NATO-Einsatzes am Kosovo-Krieg und schickte zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg wieder Soldaten zum Kampfeinsatz in ein Kriegsgebiet, zu denen auch Heino Brandt im KFOR-Kontingent gehörte. „Die Bilder des Krieges bekomme ich nicht mehr aus dem Kopf. Noch heute wache ich wegen vermeintlicher Detonationen aus dem Schlaf auf. Manche Grausamkeiten ziehen wie ein Film an mir vorbei. Wir haben humanitäre Hilfe geleistet, auch Hilfsgüter in Schulen und Krankenhäusern verteilt. Ich war sechs Monate dort und fasste die Entscheidung, meinen Dienst bei der Bundeswehr zu quittieren“, gesteht Heino nachdenklich.

Als Oberfeldwebel aus dem Heer entlassen, musste sich Heino nun im zivilen Leben zurechtfinden und um einen Job kümmern. „Das ging ziemlich schnell. Eineinhalb Jahre arbeitete ich als Dispatcher für den Bundeswehr-Fuhrpark Rostock-Sarajevo, war oft mit Fahrzeugen in beide Richtungen unterwegs. Man könnte sagen, es war eine Art Montage-Job“, so Heino verschmitzt. Nach einer guten Tasse Kaffee wird es abenteuerlich und Heinos Brandts Geschichte nimmt eine unerwartete Wendung. Er erzählt, dass er auf der Suche nach einem gut bezahlten Auslandsjob danach in der norwegischen Hauptstadt Oslo landete und eine Anstellung im Non-Food-Hauptlager des deutschen Discounters Lidl fand. Das hört sich verrückt an und es kommt noch besser. In der Zwischenzeit werden seine Kinder geboren, die heute 15 und 22 Jahre alt sind. Dass die Beziehung irgendwann in die Brüche ging, scheint noch heute an Heino zu nagen. Doch der Oberfeldwebel ist ein Anpacker und sucht bald eine neue Herausforderung. „Nach einem dreimonatigem Sprachkurs in Dänisch wurde ich Aldi-Filialleiter im dänischen Küstenörtchen Rungsted, nördlich von Kopenhagen. Dort blieb ich ebenfalls für eineinhalb Jahre und ging dann wegen der Kinder wieder nach Rostock zurück, weil ich ganz einfach Sehnsucht nach ihnen hatte“, erzählt Heino.

Faible für edle Schreibgeräte

Als die Odyssee der Auslandsjobs gegen 2012 endet, ist Heino bei der Wahl eines geeigneten Jobs in der Heimat nicht weniger kreativ. Auf der Suche nach guten Verdienstmöglichkeiten entscheidet er sich für den Vertrieb und wird Außendienstler beim renommierten Schreibgerätehersteller „messmer-pen“ aus Emmendingen, dem Erfinder der Tintenschreibermine. „Ich hatte schon immer ein Faible für edle Schreibgeräte. Das war damals genau mein Ding und so wurde mein Vertriebsgebiet ganz Mecklenburg. Der Job mit Kalt-Akquise, Vor-Ort-Terminen und Messen war hart und interessant. Zu meinem Kundenstamm gehörte das Büro des Rostocker Bürgermeisters oder auch das IHK-Präsidium in Schwerin. Noch heute habe ich meinen Lieblingskugelschreiber, den kleinen und handlichen Pocketpen in der Hosentasche“, verrät Heino.

Nach einer schmerzlichen familiären Trennung verschlägt es den Rostocker gegen 2017 nach Waren an der Müritz, wo er sich praktisch neu (er-)finden muss und auch beruflich wieder verändert. Er heuert in der Bootsbranche an, die in Waren mit zahlreichen Bootshändlern und Charterfirmen bekanntlich breit aufgestellt ist, und arbeitet zunächst bei der Firma „Die Outlets“, die mit Booten, Hallen, Zäunen, und Containern handelt. „Mein Segment wurden die Container“, zuckt Heino mit den Schultern. In Waren angekommen und langsam heimisch geworden, lernt der Zugezogene nach und nach seine neue Umgebung und auch neue Freunde kennen. Das Wasser, die Müritz und die Boote reizen ihn. In diesem Metier kann er sich seine Zukunft vorstellen.

Ruhe finden auf dem Kölpinsee

„Dann lernte ich Yachtcharter Schulz kennen und konnte dort ab 2018 als Einchecker anfangen. Ich übergab Charteryachten und nahm sie wieder in Empfang. So bin ich in die Sache hineingewachsen und heute SpoC“, lacht Heino. Er schreibt mir den Begriff auf einen Zettel, weil ich keine Ahnung davon hatte, um was es sich dabei handelt. Erst das Internet hilft mir auf die Sprünge und befähigt mich zu der in der Einleitung abgegebenen Begriffserklärung. Ist das ein Traumjob? Heino schmunzelt: „Natürlich! Aber einer, den keiner machen will!“ Es ist kein Geheimnis, dass an vielen Charterbasen qualifizierte Mitarbeiter gesucht werden. Trotz ganzjähriger Festanstellungen und einem Arbeitsplatz in den schönsten Urlaubsgegenden hat der Job für mögliche Bewerber einen Nachteil: In der Saison, also im den Sommermonaten, herrscht Hochbetrieb. Da bleibt für den eigenen Urlaub keine Zeit. Single Heino sieht darin keinen Nachteil. Er verreist ohnehin kaum, hat das Paradies quasi vor dem Steg. „Wenn mal Zeit oder Ruhe eingekehrt ist, dann nehme ich mir ein Boot, ankere auf dem nur wenige Katzensprünge entfernten Kölpinsee und tue einfach nichts“, sagt er bescheiden.

Zurück an der Eldenburger Steganlage, ist Hafen-Heino sofort wieder ein gefragter Mann. Es werden neue Chartergäste erwartet, Bollerwagen stehen für den Gepäcktransport bereit, und die jeweilige Wunsch-Yacht ist hergerichtet. Das Telefon klingelt, ein Notruf. Probleme mit der Tankanzeige. Heino besänftigt, vermittelt.  Sein Dienstfahrzeug ist ein Elektro-Roller. An ihm prangt der Schriftzug „Hafen-Heino“. Damit saust der engagierte Kundenbetreuer gekonnt über die Stege. Heino ist Hafen und Hafen ist Heino!

Text und Fotos: Rex Schober


2 Antworten zu “Eine Institution an der Müritz – „Hafen-Heino“ hat alles im Griff”

  1. Klingenberg sagt:

    Heino ist ein kompetenter Mitarbeiter. Paßt in die Welt in der er arbeitet. ?

  2. Graeber sagt:

    Moin Heino,
    super Artikel über Dich gelesen.Gratulation.
    sehen uns am Samstag. viele Grüße.
    das Nordlicht Jürgen