Können Arbeitnehmer zu einer Impfung verpflichtet werden?

12. Juli 2021

Dieses Thema beschäftigt derzeit viele Menschen: Lasse ich mich impfen oder nicht? Diejenigen, die sich gegen den Pieks entscheiden, haben dafür verschiedene Gründe. Doch wie sieht es eigentlich bei Arbeitnehmern aus? Dürfen Unternehmen ihre Mitarbeiter zum Impfen verpflichten? Der Warener Fachanwalt für Arbeitsrecht, Volker Weinreich, gibt dazu für die Leser von „Wir sind Müritzer“ in unserer Reihe „Recht im Alltag“ Auskunft.

Nach derzeitigem Stand ist keine allgemeine Pflicht geplant, sich gegen das SARS-CoV- 2-Virus impfen lassen zu müssen. Allerdings haben bestimmte Einrichtungen, wie etwa Krankenhäuser, gem. § 23 IfSG Maßnahmen (z.B. auch Impfungen der Belegschaft) zu ergreifen, um die Weiterverbreitung von Viren zu verhindern. Das soll insbesondere dem Schutz besonders verletzlicher Patientengruppen und der Aufrechterhaltung der Versorgung dienen.

Was ist aber mit Arbeitnehmern, die weder einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind noch mit verletzlichen Personengruppen in Kontakt kommen und auch nicht systemrelevant sind? Auch dort werden Impfungen durch die Arbeitgeberseite zum Thema werden.

Die Impfpflicht könnte sich aus tarifvertraglichen Regelungen ergeben. Jedoch sind Tarifregelungen, die ein Grundrecht unangemessen beschränken, unzulässig.

Denn ärztliche Untersuchungen und die anschließende Offenbarung personenbezogener Daten gegenüber dem Arbeitgeber führen regelmäßig zu einem Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und in die körperliche Unversehrtheit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Impfung der Prävention dient und anders als eine ärztliche Untersuchung oder beispielsweise eine Fiebermessung nicht zur Feststellung einer akuten Erkrankung und damit zur Abwehr unmittelbarer Gefahren geeignet ist.

Aus vorgenannten Gründen scheidet auch eine Impfpflicht auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung aus.

Eine im Arbeitsvertrag geregelte Impfpflicht, die der AGB-Kontrolle unterfällt, dürfte aus obigen Erwägungen einer Angemessenheitskontolle ebenfalls nicht standhalten.

Auch eine Impfpflicht aus einer sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Treuepflicht scheidet aus diesen Gründen aus.

Wenn schon keine Impfpflicht besteht, scheidet auch die Pflicht zum Nachweis einer Impfung aus.

Es ist jedoch zu erwarten, dass einige Arbeitgeber versuchen werden, durch die „Hintertür“ eine mittelbare Impf- oder Nachweispflicht zu erreichen.

Insoweit könnte der Arbeitgeber auf sein Hausrecht verweisen. Allerdings ist der Beschäftigungsanspruch gegenüber dem Hausrecht vorrangig.
Problematisch könnte es aber dann werden, wenn Geschäftspartner oder Kunden des Arbeitgebers, ebenfalls unter Verweis auf ihr Hausrecht, Arbeitnehmern den Zugang zum Betrieb verweigern und diese an ihrer Arbeitsleistung hindern. Nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte muss der Arbeitgeber in derartigen Fällen aber zunächst versuchen, entsprechend auf seine Vertragspartner einzuwirken.

Weiter kommt die Zahlung von Impfprämien in Betracht, um Anreize zu schaffen. Jedoch müssen sich alle Sonderzahlungen am allgemeinen Gleichheitsgrundsatz messen lassen und die Nichtgewährung darf nicht gegen das Maßregelungsverbot verstoßen. Nach ständiger Rechtsprechung ist es nicht zulässig, Arbeitnehmern Leistungen zu verweigern, die andere Arbeitnehmer erhalten, weil zum Beispiel bestimmte Rechte nicht in Anspruch genommen werden.

Aktuell können Arbeitgeber Arbeitnehmer mit Ausnahme der eingangs genannten Gruppe grundsätzlich nicht zu einer Corona-Impfung zwingen.
Es bleibt jedoch abzuwarten, ob das auch noch zukünftig gilt und der Gesetzgeber nicht anderweitig aktiv wird.


2 Antworten zu “Können Arbeitnehmer zu einer Impfung verpflichtet werden?”

  1. Walaschewski sagt:

    Sehr schön kommentiert.
    Das setzt jedoch nicht außer Kraft, dass jeder AG im Gesundheitswesen ab 01.07.2021 zu einer Strafzahlung von mind 2700,- € verpflichtet werden kann, wenn der AN keinen Impfstatus bzgl. MMR nachweist.

  2. AusWaren sagt:

    Hallo.

    Ich bin grundlegend anderer Auffassung als im Beitrag dargestellt. Besonders für den medizinischen Bereich ergeben sich entsprechend dem Infektionsschutzgesetz, besonders Paragraph 23, grundlegend andere Anforderungen. Auch sollte man beachten, dass das Infektiinsschutzgesetz über der Datenschutzgrundverordnung steht.