Personalnot: AWO schließt Intensivpflegebereich im Heim am Tiefwarensee

10. Juli 2019

Dieses Haus ist vor gut zehn Jahren  prächtig gefeiert worden – sogar die damalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) reiste an die Müritz, um den Grundstein für das AWO-Heim am Tiefwarensee in Waren zu legen. Dabei ging’s nicht um das Pflegeheim an sich, sondern die Kombination mit sogenannten Intensiv-Pflegeplätzen, die es in Deutschland in dieser Form so noch nicht oft gab. Eine Einrichtung also für Menschen, die sehr intensiv betreut werden müssen, zumeist sogar beatmet. Doch die 15 Intensivpflegeplätze gibt es nicht mehr. Die AWO Müritz hat diesen Bereich Ende Juni geschlossen. Das bestätigte Geschäftsführer Stephan Arnstadt auf Anfrage von „Wir sind Müritzer“.

Arnstadt spricht von einer „unternehmerischen Entscheidung“, die nötig gewesen sei, da man die übernommenen Versorgungs- und Betreuungsverträge für den Intensivpflegebereich durch eine akute Personalsituation nicht mehr gewährleisten konnte.

„Die Bewohner des Intensivpflegebereiches, ihre Angehörigen und Betreuer sowie die Verbände der Pflege- und Krankenkassen wurden frühzeitig über die alternativlose Entscheidung unterrichtet und gemeinsam mit ihnen nach alternativen Versorgungsmöglichkeiten gesucht. Wir sind froh, für jeden Einzelnen unserer ehemaligen Bewohner zwischenzeitlich eine adäquate Anschlussversorgung gefunden zu haben“, so Stephan Arnstadt.

Und weiter: „In dieser herausfordernden Situation gilt mein besonderer Dank insbesondere denjenigen Kollegen, die in den letzten Tagen und Wochen mit einem deutlich über dem normalen Maß liegenden Engagement die Versorgung und Betreuung der uns anvertrauten Bewohner sicher gestellt haben.“

Das Pflegeheim am Tiefwarensee wurde nach dem Um- und Neubau im Herbst 2007 mit 68 Pflegeplätzen neu eröffnet. Die Intensivpflegeplätze hat die AWO aber bereits zwei Jahre früher im Heim auf dem Papenberg betrieben.

Foto unten: Ein Artikel über die besonderen Pflegeplätze aus besseren Tagen.


13 Antworten zu “Personalnot: AWO schließt Intensivpflegebereich im Heim am Tiefwarensee”

  1. Kühne sagt:

    Das wundert mich nicht-natürlich ist es schwer professionelles Personal zu finden- ich bin selbst ausgebildete Intensivschwester und habe mich seinerzeit dort beworben. Doch für unter 2000€ brutto für eine Vollzeitstelle befand ich meine Arbeitskraft nicht adäquat bezahlt und habe dankend abgelehnt.

  2. Rene sagt:

    In Zeiten des allgemeinen Fachkräftemangels ist es legitim, sich so teuer wie möglich zu verkaufen. Wer an der Entlohnung der Mitarbeiter spart, wird zukünftig kein gutes Personal mehr bekommen.

  3. Karin sagt:

    Keiner der Mitarbeiter ist gerne gegangen. Und das Geld war auch nicht der Grund. Als die Heimleitung und Pflegedienstleitung vom Seniorenzentrum am Papenberg zur gleichen Zeit kündigten gab es auch andere Gründe. Alle diese Mitarbeiter haben vergeblich versucht konstruktive Gespräche zu führen mit Herrn Arnstadt und zwar Monate bevor der erste seine Kündigung abgab. Ich frage mich warum wird nur mit Herrn Arnstadt gesprochen ,warum spricht man nicht auch mit den Mitarbeitern die gegangen sind . Es sind die Besten von den Besten die jetzt gegangen sind und den Hut darf sich ganz alleine Herr Arnstadt ,seine Personalcheffin und Bereichsleiterin Pflege aufsetzen.

  4. Simon sagt:

    Das ist doch wieder nur ein Beispiel von vielen! Es werden in Zukunft noch mehr Pflegedienste und Pflegeheime schließen müssen. Dieser Prozess beginnt jetzt erst – siehe Bremen und Hamburg. Die Verantwortlichen in den Chefetagen fahren personalmäßig die Einrichtungen gegen die Wand! Gute Fachkräfte kosten Geld, wer denkt im Osten noch Fachkräfte in der Pflege mit 2100.- brutto abspeisen zu können , dem ist nicht zu helfen. Und lasst euch nicht vor den Karren spannen um mit dem Finger nach Berlin zu zeigen, der Herr Spahn kann für die Situation m.E. nach am wenigsten! Die Fehler wurden von der Politik mindestens 10 Jahre zuvor begannen. Aber das Hauptproblem sind die profitorientierten privaten Anbieter. Jahrelang nur Hungerlöhne gezahlt, keine Azubis angestellt (oder mit Gebühren wie Schulgeld abgezockt) und mangelnde Pflege der Belegschaft. Dazu kommen noch größtenteils inkompetente Personaler und PDL! Und eine Besserung ist nicht in Sicht. Die Leasing-Firmen wird es freuen!!

  5. Schulz sagt:

    Hallo, hier muss ich mal zu den letzten Schreiber mal ehrlich die Frage stellen: 2100 € brutto abspeisen „! ? Ja und Netto? Das ist doch nicht gerade wenig ! Andere im anderen Berufen können davon nur träumen. Die bekommen gerade mal 800€ netto – wenn es hochkommt 900€ & es ist auch nicht immer leichte Arbeit. Oder anders rum die Straßenarbeiter die täglich wohl angemerkt bei Wind & Wetter draußen schwerer arbeiten müssen. Die werden vielleicht nicht so viel an Geld bekommen. Das sollte man doch auch nicht verkennen..

    • DirkNB sagt:

      Dass auch Angestellte in anderen Branchen chronisch unterbezahlt sind, ist ein Missstand, der hier gerade nicht diskutiert aber sicher anerkannt wird.
      Legen wir mal die 2100 €/Monat zugrunde und rechnen rückwärts, kommen wir bei einer 40-h-Woche und durchschnittlich 21 Arbeitstagen im Monat auf 12,50 €/Stunde in einem sehr verantwortungsvollen und arbeitsreichen Job mit viel Stress und sicherlich wenig 40-h-Wochen. Neulich habe ich mal mit einem Mitarbeiter bei Lidl gesprochen. Der hat zwar keine Vollzeitstelle, aber 14,50 €/h. Körperlich auch sehr anstrengend und stressig, aber trotzdem stimmt die Relation nicht. Und etwas vorausschauend weitergedacht. Mit 2100 € brutto gehts mit dem Renteneintritt in die Altersarmut und die Sozialhilfe (oder wie das dann auch immer heißen mag). Die Pflege, die sie jetzt anderen angedeihen lassen, können sich die Pflegekräfte im Alter gar nicht leisten.

    • Regimekritiker sagt:

      Tja, jeder setzt andere Maßstäbe an. Obwohl ich in Staatsbürgerkunde meist eine 4 hatte, sind mir einige Sprüche im Gedächtnis geblieben, z.b.
      – „Als Arbeiter besitzt man nur seine Arbeitskraft und diese muss man so teuer, wie möglich verkaufen.“
      – „Im Kapitalismus regeln Angebot und Nachfrage den Preis.“
      – „Einigkeit macht stark.“
      Letzteres bezieht sich für mich auf die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft.
      Für mich ist Branchentarif das Maß der Dinge. Damit meine ich nicht diese „Zuhältertarife“, wie IGZ, BZA, etc.
      Alles Andere ist Asozial.
      Wer der Meinung ist, er müsste sich für weniger knechten lassen, kann das gern tun. Nur sollte er es dann nicht von Anderen einfordern. Letztendlich versauen solche Leute die Norm für alle Anderen.

  6. Schulz sagt:

    Sie Herr / Frau DirkNB können es sehen wie sie wollen. Aber mit Ihre Rechnerei meinen sie wohl die die Lohnsteuer – Klasse 1 haben, das die mal später schlechter dastehen würden.
    Zum anderen Punkt möchte mal was zu der Altersarmut mitteilen, gerade die die dort reinkommen werden das sind die Langzeit – Arbeitslosen & die haben erst recht schon schlechte Karten im Leben.. Das es eine schwere körperliche Arbeit ist steht außer Frage. Kann man auch voll verstehen.
    Aber andere verdienen gerade mal 1000 brutto!!

    • DirkNB sagt:

      Das hat mit Lohnsteuer leider gar nix zu tun. Ansonsten bin ich fast bei Ihnen.
      Tatsache ist, wer heute unterhalb eines bestimmten Stundenlohns oder eines bestimmten Monatsgehaltes arbeitet, kommt als Rentner, wenn sich nichts grundlegendes ändert, in die Altersarmut. Diese Grenzen liegen höher, als mancher denkt. Mich deucht, beim Stundenlohn wäre das irgendwas bei 13€/h Vollzeit gewesen. Mindestlohn oder irgendwas knapp drüber ist beinahe eine Garantie für Altersarmut, da bei dieser Einkommenslage kaum die Möglichkeit besteht, privat vorzusorgen.
      Man muss ja nur aktuell mal ein paar Leute befragen, was die als Rente bekommen im Vergleich zum letzten Bruttoeinkommen. Liegen wir da schon unter 50%? Aber die Rente hängt eben nicht vom Einkommen der letzten Vorrentenmonate ab sondern vom Lebenseinkommen. Und jede Lücke ist ein Schritt in Richtung Altersarmut.
      1000 €/brutto kann aber kein Vollzeitjob sein. Das würde gegen das Mindestlohngesetz verstoßen.

  7. Schulz sagt:

    Da haben sie in dieser Weiße recht, wenn sie es so sehen.
    Um das Thema abzuschließen , muss ich auf den letzten Satz wieder sprechen!
    1000€ brutto ist ein Vollzeitjob , hat mit einem Mindestlohngesetz überhaupt nichts zu tun.
    Da sind sie sehr wohl auf den Holzweg..
    Ein Mindestlohn beträgt die Stunde ( wohlgemerkt) , wenn es hochkommt 12,50€..
    1000€ brutto ist ein Festgehalt..
    zwei verschiende paar Schuhe..

    • DirkNB sagt:

      Nee, das ist das gleiche paar Schuhe. Siehe kommentar von Peter Sohr. 1000€/Monat brutto in Vollzeit (also mind. 35 h, meist 40 h) verstößt massiv gegen das Mindestlohngesetz. Außer, es ist eine der erwähnten Ausnahmen. Ansonsten gehört der Arbeitgeber angezeigt und angeschi..en.

  8. Peter Sohr sagt:

    Laut offizieller Regelung gilt zunächst erst einmal ohne Berücksichtigung einer Branche der Mindestlohn von 9,19 Euro brutto pro Zeitstunde.
    Laut Adam Ries wären das denn 9,19 € bei 20 Arbeitstagen und einer 40-Stunden Woche genau 1470,40 € Brutto. Alles darunter wäre kein Mindestlohn mehr.

    Leider können laut Gesetzgeber allerdings Langzeitarbeitslose nach § 18 SGB III im ersten halben Jahr der Anstellung mit geringerem Mindestlohn der von den 9,19 € nach unten abweicht entlohnt werden. Wie weit, ist nicht genau definiert, liegt aber in erster Linie darin, inwiefern sich der Arbeitnehmer vergewaltigen lässt und was ihm der Arbeitgeber bereit ist zu zahlen. Also eher eine sehr weit auslegbare schwammige Regelung. Durch diese Ausnahme soll angeblich Langzeitar­beitslosen der Berufseinstieg erleichtert werden. Fragt sich nur, was damit bezweckt werden soll denn ein Berufseinstieg und die Möglichkeit seinen Lebensunterhalt allein mit einer Arbeit zu wuppen wird nahezu unmöglich.

    Bezüglich des eigentlichen Thema der Schließung des Intensivpflegebereiches im Heim am Tiefwarensee sollte klar sein, das in erster Linie jeder Arbeitnehmer für sich entscheiden soll was ihm wichtiger ist. Im Zweifelsfall wird es immer an erster Stelle die eigene Situation sein. Das was dort seinen Anlauf nahm wird sich wohl gedrungen auch auf andere Branchen übertragen. Zwangsläufig wie ich meine denn solange es frappierende Unterschiede beim Lohn bei einzelnen Arbeitgebern gibt, wird es Fluktuation geben. Das war abzusehen und ist die Konsequenz.

  9. Simon sagt:

    Wenn ich so manche Kommentare lese, dann habe ich noch Hoffnung dass es in MV noch Leute gibt die wissen wo der Hase langläuft. Zu den anderen Kommentaren kann ich nur sagen, wer sich im Monat (Vollzeit) für etwa 1000.- netto abspeisen lässt, egal in welcher Branche, dem ist nicht mehr zu helfen.
    Angebot und Nachfrage regeln den Preis, so ist es im Kapitalismus. Und wer die Pflege wie gesagt augegliedert hat, privatisiert hat, der muss sich nicht wundern, wenn wir solche Zustände haben wie jetzt.
    Aber nicht nur in der Pflege gibt es extreme Personalknappheit, auch im Handwerk, Landwirtschaft, Industrie oder Gastronomie fehlen Leute. Es sind auch schon Gastronomien, Bäckereifilialen oder andere Betriebe geschlossen worden weil einfach das Personal fehlt. Der Markt konsolidiert sich somit selbst. Wer als Arbeitgeber nicht in seine Belegschaft investiert z.B. Gehalt, Weiterbildung, Arbeitsbedingungen, Wertschätzung oder ähnliches, der wird das Nachsehen haben. Allerdings strömen in den nächsten Jahren wieder tausende Fachkräfte aus der Automobilbranche und Zulieferer auf den Markt, weil diese durch Rückgang der Aufträge und Produktionsumstellung ihre Jobs verlieren. Vielleicht gehen ein paar davon ja in die Pflege!!