„Mister Stadtwerke“ steht bald nicht mehr unter (Arbeits)Strom

16. Dezember 2020

Die Geschichte der Warener Stadtwerke ist auch seine Geschichte: Eckhart Jäntsch, von der Gründung an dabei, hat das städtische Unternehmen geprägt wie kein anderer. Ende dieses Jahres sagt der 67-Jährige „seinen“ Stadtwerken jetzt aber Adieu und geht in den Ruhestand. Nicht ganz ohne Wehmut, denn die Arbeit hat ihm immer Spaß gemacht, vor allem seine Kollegen wird er vermissen, wie Eckhart Jäntsch im Gespräch mit „Wir sind Müritzer“ zugibt. Doch der Rentner in spé hat keine Angst vor Langeweile, sondern freut sich auf viel Zeit für Hobbys, Frau, Sohn und Enkelkinder.

Eckhart Jäntsch ist das, was man einen waschechten Warener nennt – in Waren geboren, in Waren aufgewachsen, in Waren zur Schule gegangen, in Waren geheiratet, in Waren Papa geworden und in Waren beruflich seine Bestimmung gefunden. Und dennoch gibt es nach wie vor viele Einheimische, die den Geschäftsführer nicht persönlich kennen.
Denn Eckhart Jäntsch ist kein Mensch, der den „roten Teppich“ sucht, im Mittelpunkt zu stehen, für Pressebilder zu posieren oder große Reden zu schwingen, ist nicht sein Ding. Auch solche Artikel über ihn wie dieser müssen seiner Meinung nach gar nicht sein. Dabei hätte es in den fast 30 Jahren als Geschäftsführer sehr oft gute Gründe gegeben, über den 67-Jährigen zu schreiben. Denn die Stadtwerke Waren sind ein Vorzeigeunternehmen – nicht nur an der Müritz oder im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, sondern weit darüber hinaus. Aber vielleicht hat ja gerade diese bescheidene und zurückhaltende Art des Eckhart Jäntsch seinen Erfolg und damit den des Unternehmens ausgemacht.

Erst die Wärme, dann das Gas und das Wasser

Leicht war der Weg zum gut gehenden Unternehmen allerdings nicht. Denn als der studierte Elektrotechniker im April 1991 im Wirtschaftsamt der Stadt Waren unter dem damaligen Amtsleiter und späteren Bürgermeister Günter Rhein seinen Dienst antrat, gab es die Stadtwerke noch gar nicht. Die eigenständige GmbH ist aber kurze Zeit später als 100prozentige Tochter der Stadt Waren gegründet worden. Eckhart Jäntsch stieg sofort ein, zunächst als Mitarbeiter und – heute unvorstellbar – als ehrenamtlicher Geschäftsführer. Doch schnell übernahm er die Zügel und überzeugte die Politik zunächst, die Fernwärmeversorgung in der Stadt inklusive der zu diesem Zeitpunkt ziemlich heruntergekommenen Geothermie zu „kaufen“. Zum Glück für viele Einheimische, denn die Kosten für die Fernwärme sanken mit der Übernahme. „Viel Ahnung hatten wir damals nicht davon, aber wir wollten es unbedingt und haben Leute gefunden, die sich auskannten und mitziehen wollten“, gibt der Müritzer zu.

Geholfen haben dabei die Stadtwerke Norderstedt als Partner, die noch bis zum Jahr 2010 an den Warener Stadtwerken beteiligt waren. Als die Wärmeversorgung in Waren sozusagen in trockenen Tüchern war, ging’s ans nächste Projekt: Die Wasserversorgung. Auch wieder so eine komplizierte Kiste, denn die Verhandlungen mit der damaligen Wasser AG waren alles andere als einfach und haben mächtig Nerven gekostet. Letztendlich klappte es, die Stadtwerke Waren konnten die Wasserversorgung 1993 übernehmen – inklusive der Schulden und der fast 60 Mitarbeiter sowie des heutigen Firmensitzes in der Ernst-Alban-Straße. Das Betriebsgebäude selbst blieb sehr lange unberührt, bis die Partner aus Norderstedt meinten, dass am Haus dringend etwas passieren muss. Bis es so weit war, vergingen aber noch einige Jahre, denn für den Geschäftsführer gab es zunächst wichtigeres.

Wie den Bau einer modernen Kläranlage in Richtung Schwenzin für rund 30 Millionen Mark und die Gründung des Müritz Wasser-/Abwasserzweckverbandes, der nicht nur für die Versorgung der Warener, sondern auch vieler umliegender Gemeinden zuständig wurde.

Nach dem Wasser kam das Gas 1994 hinzu, schon zwei Jahre zuvor hatten die Stadtwerke in Waren von Stadt- auf Erdgas umgestellt und konnten somit ohne Verzögerung loslegen.

Retter in der (Kultur)Not

Was fehlte im Portfolio war der Strom. Und wieder mussten Eckhart Jäntsch und seine Mitarbeiter „schwere Geschütze“ auffahren, um zum einen die energietechnische Genehmigung zu bekommen und zum anderen von der EMO die Stromversorgung. Dieses Anliegen der Leute aus dem „kleinen Waren“, war sogar beim Bundeswirtschaftsminister in Bonn ein Thema, denn nur ungern wollte man das Stromgeschäft aus der Hand und an die Stadtwerke geben. Aber auch das ist mit Beharrlichkeit und der richtigen Strategie gelungen.

Und so konzentrierten sich die Stadtwerke fortan auf die Erneuerung von Leitungen und Anlagen in all ihren Versorgungsbereichen. Mehr als 50 Millionen Euro investierte das Unternehmen im Laufe der Jahre, derzeit sind es jährlich immer noch gut zwei Millionen Euro, die zumeist unter der Erde verbaut werden.

Eine andere Übernahme gehört ebenfalls zur Geschichte des Bald-Ruheständlers. Eine, die eigentlich nicht geplant war. Für die Betreibung des kostspieligen Bürgersaales und andere kulturelle Aufgaben gründete die Stadt die Kur- und Tourismus GmbH. Ein Geschäftsführer von weit her sollte die neue Gesellschaft in Fahrt bringen, schlingerte aber schnell und  fuhr sie schließlich und ziemlich schnell bis an den Rand der Pleite. Eckhart Jäntsch übernahm im Sommer 2000 die Geschäftsführung des kränkelnden Unternehmens und schaffte es, die Kur- und Tourismus GmbH in ruhiges Fahrwasser zu bringen.

Und so übergibt der Warener am 30. Dezember zwei gesunde Unternehmen, die seine Handschrift tragen und die auch weiterhin eng mit dem Namen Eckhart Jäntsch verbunden bleiben werden. Auch wenn er selbst sicherlich froh ist, endlich gar nicht mehr im Mittelpunkt stehen zu müssen.


Eine Antwort zu “„Mister Stadtwerke“ steht bald nicht mehr unter (Arbeits)Strom”

  1. Mario sagt:

    Dann scheint aber schon ein Nachfolger festzustehen oder?