Nach AWO-Urteil: Prozessbeobachter rechnen mit Revision

12. Juni 2021

Im Schweriner Prozess gegen die ehemalige Führungsspitze der Arbeiterwohlfahrt an der Müritz sind gestern wie bereits berichtet die Urteile gefallen – unterschiedlicher hätten die Reaktionen auf der Anklagebank aber nicht ausfallen können. Das Landgericht verurteilte Ex-Geschäftsführer Peter Olijnyk, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Der 72-Jährige sei der schweren Untreue in zwei Fällen schuldig, erklärte der Richter.
Kopfschütteln bei Olijnyk, der sein bereits 2005 um 60 Prozent gesteigertes Gehalt – von 84 000 auf 120 000 Euro im Jahr damals – bis zuletzt als „angemessen“ ansah. Eher wohl sogar als noch etwas zu wenig einschätzte (WsM berichtete).

Der Ex-SPD-Politiker Götz-Peter Lohmann, damals Kreisverbandschef, wurde zu 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurden. Lohmann sei der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen schuldig, hieß es. Ein Anklagepunkt – die Bereicherung Lohmanns über einen Anstellungsvertrag, den nur Olijnyk unterzeichnet hatte und der ebenfalls am Vorstand vorbei gelaufen war, war vorläufig eingestellt worden. Lohmann habe wohl doch mehr gearbeitet, als anfangs angenommen. Er muss als Auflage aber  50 000 Euro zurück an die Landeskasse zahlen. Der 78-Jährige habe sich im Prozess einsichtig und reuig gezeigt, befand der Richter.

Lohmann trifft eine geringere Schuld, weil er nicht über das AWO-Vermögen verfügen konnte und sich auf die Angaben von Olijnyk sozusagen blind verlassen hatte. Der Ex-Politiker und als Sportler bekannte Warener Lohmann hatte schon im Prozess bedauert, dass er ohne zu prüfen, die Verträge immer wieder unterschrieben hatte. Zudem habe er geholfen, alles aufzuklären, hieß es.

Bereits Vermögen beschlagnahmt

Das Landgericht legte außerdem fest, dass Olijnyk exakt 349 830,47 Euro aus seinem Vermögen zurückzahlen soll. Diese Summe sei aus den zu viel gezahlten Gehältern und Tantiemen errechnet worden. Damit blieb das Gericht deutlich unter der Staatsanwaltsforderung, die 675 000 Euro von Olijnyk zurückgefordert hatte. Der Schaden, der der AWO durch die „Geschäfte der Männer“ entstanden war, war sogar auf rund eine Million Euro geschätzt worden.

Wie der Richter erklärte, hatte Olijnyk anscheinend auch versucht, noch Geld zu verstecken. So wurden 23 000 Euro auf das Konto seiner Frau geschrieben, die wiederum 10 000 Euro davon an die Tochter überwiesen haben soll. Die Staatsanwaltschaft hatte bei beiden Männern und ihren Angehörigen allerdings bereits Vermögen beschlagnahmt.

Die beiden Urteile sind, auch wenn Lohmann bereits auf Rechtsmittel verzichtete, noch nicht rechtskräftig. So kann die Staatsanwaltschaft auch innerhalb einer Woche Revision einlegen. Damit wird im Fall von Lohmann aber nicht gerechnet. Der 78-Jährige verabschiedete sich mit dem Eindruck, das Kapitel Justiz nun abhaken zu wollen, wobei er sich drei Bewährungsjahre lang auch nichts zu Schulden kommen lassen darf.

Der Ex-Geschäftsführer Olijnyk, der 2016 nach Bekanntwerden der Vorwürfe fristlos gekündigt worden war, hatte für sich zuletzt sogar „Freispruch“ proklamiert. Deshalb rechnen Beobachter damit, dass der 72-Jährige wieder in die nächste Instanz zieht, wie er es im Zivilprozess am Landgericht Neubrandenburg schon einmal versucht hatte. Die mögliche Revision müsste dann der Bundesgerichtshof bewerten.


3 Antworten zu “Nach AWO-Urteil: Prozessbeobachter rechnen mit Revision”

  1. Jürgen sagt:

    Die Strafen sind viel zu milde.Schon vor der Wende wußten beide,wie Geld ohne Aufwand zu machen war.O.K.-Beziehungen waren alles.Und das ist auch heute um so wichtiger.Alles andere ergibt sich dann fast von selbst.

  2. N. Tupeit sagt:

    Fast keine Lesermeinungen zu diesen brisanten Thema, das System der BRD hat wieder volle Arbeit getan die Menschen einzuschläfern ,wahrscheinlich ist das alles Gott gewollt.Das sich die Bürger sowas gefallen lassen ist unbeschreiblich.Zu DDR-Zeiten nicht vorstellbar.Aber es profitieren zu viele Leute von diesen ungerechten System.

  3. RMK sagt:

    Geschätzter Schaden durch O… und L… rund eine Million Euro
    Rückzahlung durch O… 349830 Euro und durch L… 50000 Euro macht zusammen 399830 Euro an Rückzahlung und was ist mit dem Rest von über 600000 Euro ??