Erinnerung: Vor zehn Jahren Das Ende des „Bombodrom“

8. Juli 2019

Das Eurofighter-Unglück mit einem Toten vor zwei Wochen hat auch an der Müritz enorme Betroffenheit ausgelöst. Er geschah laut Bundeswehr zwar in mehr als fünf Kilometern Höhe, aber trotzdem rief das Unglück sehr unangenehmen Erinnerungen hervor und regte erneut eine Debatte über militärische Tiefflugmanöver in Urlaubsgebieten an. Dabei ist der jahrelange Protest gegen extreme Tiefflüge noch gar nicht so lange her: Erst am 9. Juli 2009, also vor zehn Jahren, verzichtete das Bundesverteidigungsministerium auf den Luft-Boden-Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide zwischen Wittstock, Zempow, Rheinsberg und Neuruppin.

Nun wird in Wittstock und Umgebung an das zehnjährige Jubiläum des Protesterfolgs erinnert: Mit einer Ausstellung, Wanderungen, einem Gottesdienst am 9. Juli in Gadow und Gesprächsrunden. Allerdings findet sich in Waren inzwischen kein Schild mit der Aufschrift „Diese Gemeinde wehrt sich gegen den Bombenabwurfplatz“ mehr, was an den damaligen Protest erinnert. Die Schilder mit dem später überklebten Spruch: „Die Heide ist frei.  9.Juli 2009“, die lange Zeit an Ortseingängen zu sehen waren, sind verschwunden.

In vielen Kommunen an der Müritz weiter südlich findet man dagegen noch Orte, in denen an den erfolgreichen Protest von damals erinnert wird. Damals hatte auch die Aktionsgemeinschaft Freier Himmel aus Mirow die Brandenburger Initiative Freie Heide in ihrem Vorgehen gegen die Übernahme des Militärgeländes von der russischen Luftwaffe stark unterstützt. 17 Jahre dauerte der Protest, Höhepunkte waren die alljährlichen Ostermärsche, zu denen auch Politiker aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern kamen, wie der einstige Umweltminister Wolfgang Methling (Linke).

Am Jubiläumstag soll diese Atmosphäre noch einmal nachvollzogen werden. Ab 16 Uhr soll es eine Wanderung zu einer Mahnsäule an der Grenze des einstigen Tiefflugübungsplatzes bei Gadow geben und ab 18 Uhr mit dem damaligen Sprecher der Initiative «Freie Heide» Benedikt Schirge. Der Kirchenkreis Wittstock-Ruppin plant bis Ende August weitere Aktionen in anderen Dörfern. Man wolle daran erinnern, was mit friedlichem und hartnäckigen Protest alles erreicht werden kann, sagen die Initiatoren.

Ganz zufrieden sind die Brandenburger noch nicht mit ihrem Erfolg: Bis heute sind erst wenige Hektar Bombodromfläche von Munition geräumt, manche Durchgangsstraßen immer noch nicht freigegeben. Man mag sich gar nicht vorstellen, was passiert, wenn auf dem Bombodrom ein Brand ausbricht, wie in der Lüntheener Heide, sagte Wittstocks Bürgermeister Jörg Gehrmann. Das generelle Üben der Eurofighter kann man nicht verhindern, das ist deutschlandweit in bestimmten Höhen möglich. Aber die einst geplanten extremen Tiefflüge samt Übungsbombenabwurf wurden gestoppt.

Wer sich für die Ausstellung der „Freien Heide“ interessiert, kann sie in der Marienkirche in Wittstock kostenlos besuchen. Und vor der Kirche steht zudem ein Kunstwerk des Warener Kunsthandwerkers Peter Balehna – ein Friedensengel. Diesen hatte der damalige Ministerpräsident Manfred Stolpe 1998 anlässlich eines Jubiläums für die Stadt ausgewählt – als Erinnerung an die friedliche  Revolution 1989/90.

Veranstaltungen zur Freien Heide: https://www.wittstock.de/news/1/512413/nachrichten/erinnerung-an-%E2%80%9E10-jahre-freie-heide%E2%80%9C.html


3 Antworten zu “Erinnerung: Vor zehn Jahren Das Ende des „Bombodrom“”

  1. ed sagt:

    „Das generelle Üben der Eurofighter kann man nicht verhindern, das ist deutschlandweit in bestimmten Höhen möglich. Aber die einst geplanten extremen Tiefflüge samt Übungsbombenabwurf wurden gestoppt.“

    FakeNews! Weder sind Übungen der Eurofighter deutschlandweit möglich (bitte mal informieren), noch besteht im Nodosten Deutschlands eine EU-weit einmalige extreme militärische Luftkampfübungszone etwa nicht. Übrigens genau über der Regentschaft solch – bezüglich des Themas ED-R 401 MVPA NE – inkompetenter Bürgermeister, wie dem von Wittstock. Statt zu thematisieren, erfolgt Desinformation und Vertuschung und Verharmlosung, Verdrehung der Tatsachen durch solche Amtsträger.

    Auch erfolgen nach wie vor extreme Tiefflüge – und zwar zuletzt z.B. aufgenommen über Wohnhäusern in Rheinsberg! Wer´s nicht glauben will: https://edr401mvpa.wordpress.com/2019/07/10/1-juli-2019-extreme-tieffluge-durch-bundeswehr-tornados-uber-rheinsberg-ostprignitz-ruppin-bundeswe-hr-verursacht-horschaden-bei-opfern-von-tiefflugen-uber-ortschaften/

    Selbst die Bundestagsfraktion der Linken ist da schon weiter, als die Verharmlosungsgesellschaft im Nordosten Deutschlands. Die aktuelle Anfrage der Fraktion zeigt auf, das tatsächlich extreme Tiefflüge ausgeführt werden – und zwar in einem viel größeren Gebiet, als es das sog. Bombodrom ist.

    Wer am 8.7. genau hingehört hat (z.B. Touristen!), konnte im Himmel südlich der Müritz auch wieder die extremen Nachbrennergeräusche hören, die über der einst ruhigen Naturlandschaft dort durch die Bundeswehr ausgebracht wurden. Das ist werktägliche Realität im Nordosten Deutschlands! Auch und gerade in der Region Müritz!
    Beschleunigungsübungen und Kurvenflüge mit Kampfjets über dicht besiedeltem Gebiet: das ist die Realität in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg im Jahr 2019.

    Warum sich wir-sind-mueritzer.de in den Reigen der dümmlichen Verharmlosungen und Vertuschungen der tatsächlichen Zustände in Folge der heimlichen Aktivierung der Flugzone ED-R 401 MVPA NE im jahr 2013 einreiht, ist nicht ersichtlich und läuft den Interessen der betroffenen hunderttausenden EU-Bürgerinnen und Bürgern entgegen, die Opfer der in dieser Zone ständig ausgeführten extremen Luftkampfübungen sind. Wir brauchen nicht noch eine Publikation, die nur das schreibt, was vor ihr bereits alle kommerziellen Redaktionsnetzwerke automatisch in ihre jeweiligen Regionalblätter (MOZ,SVZ,Nordkurier,MAZ usw) übernommen haben!

  2. Simon Simson sagt:

    ed, sehe ich auch so. Der Verzicht auf das Bombodrom war nur das Feigenblatt für damalige Miltärplanungen, die uns viel Schlimmeres gebraucht haben, nämlich nicht das Abwerfen von Übungsbomben in der Wittstocker Heide, sondern flächendeckenden Dauerterror durch Tief- und Tiefstflüge und riskante Luftkampfübungen. Nun will sich kein Bürgermeisterlein und keine Landespolitkerin den tollen Erfolg absprechen lassen. Also wird das gemacht, was immer mit Erfolg gemacht wird. https://diedreiaffen.wordpress.com/eine-seite/

    Niemandem blieb verborgen, dass das Militär die gesetzten Regeln zu Anzahl, Routen und Flughöhen täglich bricht. Vermutlich meinen unsere Repräsentanten, mit militärischen Themen und nicht nur damit höhere Verantwortung zu haben. Aus der Sicht des vermeintlichen großen Lenkers müsse man das Handeln der Militärs gegenüber den unverständigen Bürgern decken. Wer das glaubt, glaubt auch, eine Diktatur sei besser als eine Demokratie, wenn der Diktator sich nur gütig zeigt. Wir müssen Druck machen, und ununterbrochen. Wenn es um Wiederwahlen geht, dann wachen große Lenker schon mal in der Realität auf, für ein paar Tage.
    Bloggern würde ich keine Schuld geben. Kapazitäten zu Eigenrecherchen können sie mit ihren überschaubaren Werbeeinnahmen nicht unterhalten. Auch die Presse kann das immer schlechter, wo doch alle Informationen alternativ und kostenlos im Internet zu haben sind. Zudem sekundieren die Journalisten mehr oder weniger notgedrungen den Politikern, wollen sie wieder vorgelassen werden und Informationen bekommen und keine Schelte von oben.

  3. Ed sagt:

    @SimonSimson

    Ja, guter Hinweis – also Klarstellung: Ich beabsichtige nicht, den MacherInnen von wir-sind-mueritzer.de eine Schuld in die Schuhe zu schieben, sondern bitte sie darum, nicht die Textbausteine widerzukäuen, die bereits flächendeckend durch die seit Jahren zum Thema nicht im Kontext berichtende kommerzielle Regional- und Landespresse zu übernehmen. Als Mitarbeiter von https://edr401mvpa.wordpress.com – mithin der einzigen öffentlich zugänglichen Kontextinformation zur militärischen Zone ED-R 401 MVPA NE – weiß ich selber genau, wie sehr man sich verausgaben muss, um korrekte Informationen zur Verfügung zu stellen. Und wir bekommen NULL Werbeeinnahmen und Unterstützung von außen. Und trotzdem sind wir nach wie vor die einzige Informationswebsite, die die Des- und Nichtinformation, die zum Themenkomplex ED-R 401 MVPA NE durch die Medien in Deutschland betrieben wird, konkret kritisiert, aufgreift und mit Fakten sichtbar macht. Die Zeit, die in den Nachdruck von Textbausteinen gesteckt wird, die oft zu einem Großteil vermutlich direkt von der Pressestelle der Bundeswehr stammen, könnte für kritische Öffentlichkeit genutzt werden. Dass die immer nur in Kommentaren geäußert werden darf, ist ein Symptom dieser fehlenden journalistischen Aufklärung. Was wir bei https://edr401mvpa.wordpress.com können, können weitreichende Info-Netzwerke, wie wir-sind-mueritzer.de, natürlich schon lange! Es gibt aber leider immer wieder tausend Ausreden, warum es dann eben doch nur windelweiche Einheitskost sein muss.