Umfrage zur Schul-Situation zeigt viele Probleme auf

5. Februar 2021

Der Landeselternrat  und der Landesschülerrat haben im Januar online Schüler, Lehrer und Eltern zur augenblicklichen Schul-Situation in Mecklenburg-Vorpommern befragt. Es handelt sich ausdrücklich nicht um eine repräsentative Erhebung. Gleichwohl darf auf Grund der hohen Zahl der Teilnehmenden davon ausgegangen werden, dass hier ein glaubhaftes Meinungsbild zur Schule in Zeiten der Pandemie im Land entstanden ist.
So zählte die Elternumfrage 12.858 Teilnehmer, die Schüler-Umfrage 9.090 Teilnehmende und die Lehrkräfteumfrage 1.262 Pädagogen, die mitgemacht haben. Das Ergebnis ist nicht überraschend, aber ernüchternd.

„Der Landeselternrat fühlt sich in seiner vertretenen Meinung vollumfänglich bestätigt, dass das digitale Lernen nur ein Placebowort ohne Inhalt ist. Das von der Politik benutzte Wort ist in keiner Weise geeignet, die reale Schulwelt in einer Pandemie auch nur im Ansatz zu beschreiben. Wir fordern nun endlich von allen Entscheidungsträgern der Politik belastbare Maßnahmen, um unseren Kindern ihr Recht auf Bildung zu ermöglichen. Neben der einem Pandemieverlauf angemessenen Öffnung aller Schulen, bedarf es schnellstmöglichem Wechselunterricht und einer Priorisierung auf soziale Interaktion der Schüler aller Klassenstufen. Unverzüglich müssen die Lernziele der Klassen an die aktuelle Situation angepasst werden. Die Lehrer und die Schule müssen endlich mit vollumfänglichen Ressourcen ausgestattet werden. Schüler mit Förderbedarf müssen unverzüglich jegliche Unterstützungen erhalten. Die den Eltern entstandenen Mehrkosten für die Phasen des Distanzlernens müssen ebenfalls erstattet werden“, so Kay Czerwinski, Vorsitzender des Landeselternrates in MV.

Psychischer Druck wird vernachlässigt

„Der Landesschülerrat schaut besorgt auf den derzeitigen Verlauf von Schule in der Pandemie. Derzeit läuft es so wie mit einem Motor eines Motorrads, der nicht mehr richtig funktioniert. Man versucht verzweifelt, auf den Starter einzutreten doch ohne Erfolg. Schüler haben keinen geregelten Tagesablauf. Zwischendurch finden bei vielen unregelmäßig Konferenzen statt, die Aufgaben fliegen uns nur so um die Ohren. Wir kommen nicht in die Gänge und blieben auf der Stelle stehen. Aus unserer Sicht wird der psychische Zustand zu sehr vernachlässigt. Wir vermerken einen deutlichen Anstieg der Überlastung aller Akteure in Schule. Dass wir nicht wissen, wann wir wieder in die Schule dürfen, stresst uns mehr, als die Abschlussprüfungen selbst“, meint Anton Fischer als Vorstandsmitglied des Landesschülerrates.

Konkrete Forderungen der Initiatoren

Und Maik Walm, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, schätzt die Antworten der Befragten so ein: „Die Ergebnisse der Umfrage machen deutlich, dass die große Mehrheit der Eltern, Schüler und Pädagogen mit hohem Einsatz, auch von privaten Mitteln, Zeit und Gesundheit schaffen,
Möglichkeiten für Bildung und soziales Miteinander zu erhalten. Zugleich zahlen sie aber alle gemeinsam den Preis für unzureichende technische, inhaltliche und organisatorische Rahmenbedingungen. Die Situation der Pädagog ist belastet, da die angeordnete Mehrarbeit durch gleichzeitiges Arbeiten in der Schule und auf Distanz und die Entgrenzung der Arbeitswoche durch die notwendige flexible Beratung von Eltern und Schüler kaum Durchatmen ermöglicht.“

„Viele Eltern, Schüler und Pädagogen fühlen sich wie in einer Hochdruckkammer mit unerfüllten und unerfüllbaren Erwartungen. Die Landesregierung muss jetzt an verschiedenen Stellschrauben Druck ablassen: Bildungsziele für das laufende Schuljahr anpassen, das soziale Miteinander durch Wechselmodelle und die Möglichkeit zu Videokonferenzen in den Mittelpunkt stellen, die längst laufende, privat organisierte Digitalisierung von unten durch finanzielle Pauschalen unterstützen und vor allem die Arbeitsbelastung der Pädagogen senken.“

Der Landesschülerrat, der Landeselternrat und die Gewerkschaft fordern vor dem Hintergrund der Umfrageergebnisse:

1. einen ergebnisoffenen Dialog und bundesweite Regelungen zur Bewältigung der „verlorenen“ Lernzeit auf KMK-Ebene zeitnah umzusetzen,
2. die umgehende Erarbeitung gemeinsamer Festlegungen für den Schulbetrieb bis zum Ende des 1. Quartals,
3. die unbürokratische Einbeziehung von qualifizierten Eltern bei Problemlösungen vor Ort zu ermöglichen,
4. die Bildungs- und Prüfungsinhalte für das laufende Schuljahr anzupassen,
5. die Lernunterstützung landesweit zu verstärken, insb. für Schüler mit Förderbedarf und mit Problemen beim Lernen,
6. das soziale Miteinander durch Wechselmodelle und regelmäßige Kontakte in den Mittelpunkt zu stellen,
7. die technischen, personellen und rechtlichen Möglichkeiten für verpflichtende Videokonferenzen zu schaffen,
8. die längst laufende Digitalisierung von unten durch finanzielle Pauschalen für Eltern und Lehrer zu unterstützen,
9. Rechtssicherheit beim Datenschutz herzustellen,
10. die Arbeitsbelastung der Pädagog zu senken und anzuerkennen.


2 Antworten zu “Umfrage zur Schul-Situation zeigt viele Probleme auf”

  1. Marita sagt:

    Dieser Artikel spricht mir aus der Seele! Die erneute Lockdown-Situation war absehbar. Jeder, der dieses Virus nur ansatzweise ernst nimmt, wusste, dass wir diesen Winter genauso dastehen werden wie im März 2020. Leider haben uns Frau Schwesig und Frau Martin monatelang Märchen über sichere Schulen mit niedrigem Infektionsgeschehen unter Kindern erzählt. Ihr einziges Mantra war: „MV hat die niedrigsten Zahlen.“ Das hat die Verantwortlichen dazu veranlasst, die Schulen ohne jeglichen Infektionsschutz in das Schuljahr 2020/2021 starten zu lassen. Es wurde von Hygienekonzepten und regelmäßigen Testungen gesprochen. Ich habe davon nichts gesehen und nichts mitbekommen. Auch in der aktuellen Lockdown-Situation passiert an den Schulen nichts, um sie ansatzweise auf einen sicheren Wechselunterricht vorzubereiten. Die Mutationen sind im Land und werden sich demnächst rasant verbreiten. Warum Deutschland immer wieder denkt, es werde glimpflich davon kommen, ist mir ein Rätsel. Wir hängen mit allem hinterher! Von einer funktionierenden Digitalisierung an Schulen sind wir noch weit entfernt. Unsere Nachbarn in Polen haben schon im Herbst komplett auf digitalen Unterricht umgestellt. Hierzulande haben noch nicht einmal alle Schulen einen Internetzugang. Videokonferenzen sind immer noch ein Highlight; wobei darüber keine Wissensvermittlung stattfindet, sondern alleinig ein Kontakt zustande kommt, damit sich die Kinder und der Lehrer sehen. Das war’s!! Und das ist aus meiner Sicht ein desaströses Versagen der Bildungspolitik. Die Schulen, Lehrer, Eltern und Schüler wurden allein gelassen. Der Lehrplan ist unverändert, als gäbe es keine Pandemie. Der Druck unter den Beteiligten ist unerträglich. Eltern müssen ihren Job erfüllen und dazu mit den Kindern die Lernziele aus Vor-Pandemiezeiten erreichen. Dass Eltern und Kinder dabei depressiv werden, ist doch vorprogrammiert! Auch Probleme im Elternhaus sind damit gesichert und nicht der Lockdown-Situation geschuldet! Die Kultusminister meinen, den Kindern gehe es Zuhause schlecht und sie würden psychische Schäden erleiden – aber warum denn genau?! Weil die Kultusminister sich nicht kümmern wollten! Es wurde seit Pandemiebeginn bis heute alles verschlafen, was für pandemietauglichen Unterricht nötig ist. Diese Situation mit allen negativen Folgen für die Beteiligten ist alleinig auf dem Versagen der Kultusminister anzulasten. Ich möchte damit keinen Schuldigen suchen, auf den ich meinen Unmut lenken kann. Es gibt viele Eltern, die sich für Schutzmaßnahmen in den Schulen eingesetzt haben, vergeblich.
    Was bleibt?! Sollten sich die Kommunen, Gemeinden und Städte jetzt selbst für die Kinder einsetzen? Ich denke ja!! Gefragt sind die örtlichen Verwaltungen. Sie kennen ihre Schulen, kennen die bürokratischen Hebel und sollten im Sinne der Kinder und der Wirtschaft alles mögliche tun, um die technischen Vorraussetzungen für einen Schulbetrieb mit Infektionsschutz zu gewährleisten. Zudem sollten alle Räume und Personal genutzt werden, die zur Verfügung stehen – es gibt genügend, die aufgrund der Situation im Leerlauf sind. Worauf wird gewartet???

  2. B.Rehfeldt sagt:

    Es ist erschreckend, welches Bild die Umfrage zutage gefördert hat. Obwohl ich keine schulpflichtigen Kinder mehr habe, dafür aber eine studierende Enkelin, kann ich alle Forderungen der Verantwortlichen nur unterstützen.
    Ich denke, nicht umsonst steht an erster Stelle , dass es einen …ergebnisoffenen Dialog geben sollte. In der Vergangenheit war es aber so, dass Kritik an den Maßnahmen gleichgesetzt wurde mit leugnen des Virus, was absolut nicht der Fall ist.
    Durch diese Stigmatisierung wurde bewusst jede Diskussion abgewürgt, andere Gedanken und Meinungen zum Umgang mit dem Virus von vornherein ausgeschlossen. Das ist in meinen Augen unverantwortlich und sollte im Umkehrschluss aber auch dazu führen, dass die Verantwortung klar benannt werden sollte.
    Die Situation an den Universitäten, ich kann nur für Rostock sprechen, ist nicht wirklich besser, ich denke, dass meine Enkelin im Grunde zwei verschenkte Semester hinter sich hat, ohne Kontakte zu den anderen Studenten, geschlossener Uni Bibliothek, geschlossener Mensa usw. Das von der Bundesregierung heraus gebrachte Video, dass die auf dem Bett liegenden, gelangweilten und Ships essenden Studenten als …Helden…darstellt, ist eine derartige Frechheit, die seinesgleichen sucht.
    Ich könnte auch einen langen Text zur Vereinsamung der alten Menschen schreiben, aber dass die Kinder und Jugendlichen einen derartigen Bruch in ihrer Entwicklung erleben müssen, ohne dass auch nur ansatzweise Ideen auf dem Tisch liegen, etwas zum besseren zu verändern , macht mich ratlos und wütend.
    Viel Erfolg für die Initiatoren der Umfrage und hoffentlich offene Ohren bei den Verantwortlichen.