Auch die Müritz-Sparkasse erhebt jetzt Strafzinsen – Privatkunden bleiben noch verschont

21. November 2019

Immer mehr Banken und Sparkassen berechnen ihren Kunden Negativzinsen, auch Strafzinsen oder Verwahrentgelt genannt. Sparer bekommen also für ihr Geld keine Zinsen mehr, sondern müssen für das Anlegen/Aufbewahren ihres Geldes Zinsen an die Bank zahlen. Vor wenigen Tagen haben auch gewerbliche Kunden der Müritz-Sparkasse einen Brief von der Geschäftsstelle erhalten, in dem ihnen angekündigt wird, dass die Sparkasse ab Januar 2020 von gewerblichen Kunden ein Verwahrentgelt in Höhe von 0,5 Prozent pa.a. für Guthaben ab 100 000 Euro auf Geschäftsgirokonten erhebt.
Klar, dass diese Post nicht unbedingt für Jubelstürme gesorgt hat. Denn auch, wenn sich die 100 000 Euro für die meisten Privatpersonen viel anhören, auf Geschäftskonten ist die Dimension eine andere.
„Wir sind Müritzer“ hat die Vorstandsvorsitzende der Müritz-Sparkasse, Andrea Perlick, unter anderem gefragt, ob auch daran gedacht ist, Privatkunden mit Verwahrentgelt zu „bestrafen“.
Unser Interview:

Warum führt die Müritz-Sparkasse die Strafzinsen/das Verwahrentgelt ein?

Die Müritz-Sparkasse ist ein Wirtschaftsunternehmen. Und in Erfüllung des öffentlichen Auftrages ist auch eine Sparkasse angehalten, betriebswirtschaftlich zu handeln. Nicht nur die seit nunmehr fast zehn Jahren andauernde Niedrigstzinsphase und die gerade erfolgte Ausweitung vom Minuszins, sondern auch das wieder anlaufende Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie die auf den Auswirkungen der Finanzkrise beruhende überbordende und für regional ausgerichtete Kreditinstitute unpassende Regulierung sind belastende Faktoren für unser Haus.
Zudem haben wir durch die Nullzinspolitik der EZB unter Abwägung von Risiko und Sicherheit – wie alle anderen Kreditinstitute auch – immer weniger Möglichkeiten, selbst attraktive Anlagen am Markt vorzunehmen, um das Geld unserer Kunden gewinnbringend anzulegen. Und so bleibt uns, nach Ausschöpfung aller Mittel, nichts anderes übrig, als gewerbliche Kundeneinlagen mit einem Verwahrentgelt zu versehen.

Betrifft das ausschließlich gewerbliche Kunden, wenn ja, warum?

Es sind ausschließlich gewerbliche Kunden mit hoher Liquidität betroffen. In diesem Fall geben wir einen Teil der uns entstehenden Kosten und Aufwendungen im Rahmen einer Wertschöpfungskette weiter. Mit diesem Schritt soll erreicht werden, dass für private Sparer so lange wie möglich kein Verwahrentgelt eingeführt werden muss.

Wie viele Kunden der Müritz-Sparkasse sind betroffen?

Die Zahlung von Verwahrentgelt betrifft max. 7 Prozent der gewerblichen Kunden.

Wie stellt sich die Entwicklung der Sparkasse in den vergangenen drei Jahren da, wie viele soziale Projekte unterstützt die Sparkasse?

Gemessen am Wachstum der Kundeneinlagen, der damit verbundenen Steigerung der Bilanzsumme und der risikobewussten Kreditneuvergabe sowie der erzielten Vertriebsergebnisse im Vermittlungs- und Verbundgeschäft verweist die Müritz-Sparkasse fortgesetzt auf eine erfolgreiche geschäftliche Entwicklung (Bilanzsumme: 2016 rd. 707 Mio. Euro/2017 rd. 729 Mio. Euro/2018 rd. 789 Mio. Euro).
2016 unterstützten wir soziale, kulturelle, sportliche und wirtschaftliche Projekte und Vorhaben mit Spenden, Zuwendungen aus dem PS-Zweckertrag und über Sponsoring mit rund 190,5 Tsd. Euro, 2017 waren es rund 215,0 Tsd. Euro, 2018 rund 204,2 Tsd. Euro und im Jahr 2019 sind es bisher rund 224,3 Tsd. Euro. Insgesamt wurden 2016, 2017 und 2018 rund 10,5 Mio. Euro über Gewerbesteuer, Grundsteuer, Körperschaftsteuer sowie über Lohnsteuerzahlungen an die öffentlichen Haushalte gezahlt.

Ist eine Ausweitung des Verwahrentgeltes auf private Konten geplant?

Für die privaten Sparer werden wir, so lange es uns möglich ist, kein Verwahrentgelt einführen.

Befürchtet die Sparkasse durch die Einführung der Strafzinsen eine Abwanderung von Kunden?

Bei alldem darf nicht vergessen werden, dass wir ein Wirtschaftsunternehmen sind. Und auch der Einsatz für das Gemeinwohl wird erst durch den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens Müritz-Sparkasse möglich. Die Entscheidung zur Einführung eines Verwahrentgeltes ist uns nicht leicht gefallen. Wir hoffen aber auf die Treue unserer Kunden und bitten um Verständnis für diesen Schritt.

Wir bedanken und für die Auskunft.


6 Antworten zu “Auch die Müritz-Sparkasse erhebt jetzt Strafzinsen – Privatkunden bleiben noch verschont”

  1. Adrian sagt:

    Da wird auch viel Panik gemacht bei den Strafzinsen.
    Die Höhe von 0,05 Prozent bedeutet bei 100.000 Euro nur 500 Euro im Jahr und bei 500.000 Euro (was bei ganz großen Geschäftskonten schon vorkommen kann) sind es 2.500 Euro im Jahr.
    Das sind aber alles Firmen, die einen Umsatz von vielen Millionen Euro im Jahr haben und an vielen Stellen im Unternehmen diese 2.500 Euro allein durch eine einzige Maßnahme eingespart werden können.
    Es ist nur subjektiv ärgerlich, weil man jahrelang sogar noch Geld bekommen hat für sein Guthaben und jetzt sogar was draufzahlen muss, wenn es bei der Bank liegt. Wirtschaftlich gesehen schadet es den einzelnen Unternehmen nicht wirklich.

  2. M.Z. sagt:

    Zu wenig Panik wird um die Geldpolitik der EZB gemacht. Ist das nicht verbotene Staatsfinanzierung durch die EZB?? Um faule Anleihen sollen sich die Staaten doch selbst kümmern. Die Zeche zahlen wir kleinen Leute. Eine vernünftige Rente haben die für uns nicht. Nein, sie höhlen die Währung so weit aus bis sie nicht mehr das Papier wert ist worauf sie gedruckt wurde.

    • Adrian sagt:

      Nein, es wird zu viel Panik gemacht.
      Was passiert denn, wenn die EZB keine Anleihen kauft. Die Wirtschaft (also die privaten Firmen) würden sich nicht so günstig Geld für Investitionen beschaffen können.
      Die Bauindustrie würde nicht boomen, denn die Kreditzinsen wären viel höher und damit würde auch viel weniger gebaut werden.
      Was passiert aber, wenn viel weniger gebaut wird und Firmen weniger investieren.
      Es werden auch weniger neue Leute eingestellt oder die vorhandenen Mitarbeiter in den Stunden reduziert oder sogar gekündigt (oder nicht verlängert).
      Wenn man als normaler Arbeitnehmer aber nur einen einzigen Monat arbeitslos ist, bekommt man viel weniger Netto am Monatsende (Arbeitslosengeld statt Arbeitslohn).
      Diese entgangenen Euros gibt ihnen auch niemand zurück.
      Da ist mir lieber, dass ich ein bisschen pro Jahr „enteignet“ werde über die Inflation.

      Beispielrechnung 1:
      Arbeitslohn = 2.000 Euro Brutto im Monat = 1380 Euro Netto im Monat (Single, kein Kind)
      Arbeitslosengeld = 830 Euro Netto im Monat
      Das macht 550 Euro weniger im Monat im Geldbeutel.

      Beispielrechnung 2:
      Arbeitslohn = 3.200 Euro Brutto Monat = 2020 Euro Netto im Monat (Single, kein Kind)
      Arbeitslosengeld = 1200 Euro Netto im Monat
      Das macht 820 Euro weniger im Monat.

      Selbst wenn ich 50.000 Euro auf einem Konto hätte und Strafzinsen zahlen müsste, sind es umgerechnet ungefähr 21 Euro pro Monat (Strafzinsen) und noch zusätzlich durch Inflation 75 Euro pro Monat Wertverlust (0,00 % Sparzinsen und dafür 1,8 % Inflation).
      Am Ende also „nur“ 96 Euro weniger wert als ich zur Seite gelegt habe (angespart habe).
      Wenn ich also nur 5 Monate am Stück Arbeitslos bin, dann habe ich mehr Geld verloren als über 2,5 Jahre durch Inflation und Strafzinsen. (beim Beispiel 1)
      Das auch nur, wenn ich 50.000 Euro angespart habe. Der kleine Mann kann davon nur träumen.

  3. Petzibär sagt:

    Vielleicht hat diese solvente Firma genau jene 2500 Euro im Jahr an eine Kita oder soziale Einrichtung gespendet, vielleicht auch an ein Projekt, an dem Leute beschäftigt sind.
    Ziemlich dekadent, so salopp über 2500 Euro zu reden. Bringen Sie diese Summe doch mal schnell auf, wie wäre es?
    Ausserdem ist dies nur der Anfang der desaströsen EZB Finanzpolitik – das nächste werden dann Negativzinsen auf die „normalen“ Sparer sein.
    Die nächsten faulen Kredite in Griechenland ???????? und anderswo sind längst da.
    Wenn Herr Weidmann als Bundesbanker nicht ein vehementee Gegner von Herrn Draghis lockerer Finanzpolitik – wir retten Banken, der deutsche Michel zahlt -, wäre uns das ganze Kartenhaus längst eingestürzt.