Es bleibt dabei: „Lebenslänglich“ für Stiefvater von kleiner Leonie

26. Februar 2021

Der Stiefvater der kleinen Leonie braucht sich vorerst keine Gedanken über ein Leben ohne Gefängnis zu machen. Und Schuld daran hat er selbst – im doppelten Sinn. Das Landgericht Neubrandenburg hat den 29-Jährigen gestern zum zweiten Mal verurteilt: Zum zweiten Mal hieß es „Lebenslänglich.“. Kaum hatte Richter Henning Kolf das verkündet, brandete Beifall im Saal auf. Der leibliche Vater des getöteten Mädchens, der als Nebenkläger hinter dem Verurteilten saß, hatte eine Reihe von Bekannten mitgebracht, die aus ihrer Begeisterung und ihrem Hass auf den Stiefvater keinen Hehl machten. Sie wurden allerdings gleich zur Ordnung gerufen, ein Gerichtssaal sei ja schließlich kein Jahrmarkt.

Bei seinem neuen Urteil hatte es sich die Kammer um Kolf nicht einfach gemacht. Nach der Festlegung durch den Bundesgerichtshof sollten die Richter prüfen, wann der 29-Jährige damals den Entschluss gefasst habe, dass die Sechsjährige an ihren schweren Verletzungen sterben soll. Dabei durfte die Kammer keine Zeugen hören, die irgendein Detail zum Tatablauf in Frage gestellt hätte. Denn das „äußere Tatgeschehen“ hatte der Bundesgerichtshof bestätigt. Da dürfe man nichts anderes feststellen, sagte Kolf. Der Verteidiger hatte versucht, die Glaubwürdigkeit anderer Zeugen zu bezweifeln, die einige Gewalttaten des Mannes beobachtet hatten.

Brüche an Rippen und Schlüsselbein

Nun blieben nur die Mutter, der Stiefvater und die Gutachter, die etwas zur Motivation des gewalttätigen Mannes sagen könnten. „Es war ein Verdeckungsmord durch Unterlassen“, lautet das Fazit der Neubrandenburger Richter. Dass der Mann schon bei den ersten Schlägen vorgehabt haben soll, das Kind umzubringen, sei unwahrscheinlich. So hatte eine Gutachterin erklärt, dass Leonie schon vor dem 12. Januar 2019 mehrfach schwer misshandelt wurde und sogar mehrere Brüche hatte – unter anderem an den Rippen und am Schlüsselbein – die nicht medizinisch versorgt wurden. Kindern solche Rippenbrüche zuzufügen bedürfe extrem grober Gewalt, hieß es. Auch der kleinere Bruder sah böse zugerichtet aus. Deshalb sei die Bestrafung am 12. Januar für das Mädchen im Vergleich  „wohl nicht schwerwiegender gewesen“ als die Taten vorher. Und damit schied ein „Mord aus niederen Beweggründen“, wie geprüft werde sollte, aus.

Handy von der Mutter versteckt

Der Stiefvater, der als Einziger etwas zu seiner Motivation hätte sagen können, schwieg aber. Das bedauerten die Richter, aber es sei das Recht jedes Angeklagten. Damit blieb nur die Mutter, die hinter verschlossenen Türen gehört wurde. Sie berichtete wieder von mehreren Misshandlungen der Kinder, von der ständigen Kontrolle durch den eifersüchtigen und arbeitslosen Mann – und davon, wie er am Tattag ihr Handy versteckt hatte. Auch als sie von allein Hilfe holen wollte, habe er es nicht herausgegeben. Im Gegenteil, als die Mutter erst zwei Stunden später bei einem Bad sah, wie schlimm ihre Tochter wirklich zugerichtet war, hatte der Mann so getan, als telefoniere er mit der Rettungsstelle. Was aber nicht stimmte. Als die Rettungskräfte dann nochmal Stunden später doch noch gerufen wurden, tat er so, als sei Leonie sogar noch zu hören, was auch nicht stimmte. Die Wiederbelebung scheiterte.

Dieses Handeln genau gab den Ausschlag für das Urteil „Mord durch Unterlassen“. Schon ein paar Tage vorher, als Leonie schon einmal hart geschlagen worden war, wollte die Mutter Hilfe holen. Auch da hatte der Stiefvater ihr Handy versteckt und nicht herausgegeben. Sonst hätte Leonie vielleicht noch gelebt.

Fotos: Felix Gadewolz


Eine Antwort zu “Es bleibt dabei: „Lebenslänglich“ für Stiefvater von kleiner Leonie”

  1. Lisa Hien sagt:

    Es tut gut zu wissen, dass der Stiefvater der kleinen Stefanie endlich die Strafe bekommen hat, die dieser herzlose Mensch verdient hat. Er hat nicht verdient, Stiefvater genannt zu werden, denn der war er sicher nie.
    Unverständlich ist für mich und sicher für viele Menschen, dass die Mutter des Mädchens nicht bestraft wird. Sie hat lange Zeit die Mißhandlungen ihrer Kinder gedultet. Sie gehört auch weggesperrt und verdient es auch nicht, Mutter genannt zu werden.